Bonn (energate) - Die unter dem Namen GABi Gas bekannten Bilanzierungsregeln für Erdgas in Deutschland müssen auf Grund des europäischen Netzkodex Bilanzierung neu gefasst werden. Der europäische Kodex tritt voraussichtlich im April 2014 in Kraft. Die Diskussionen über notwendige Anpassungen werden in Deutschland unter dem Arbeitstitel GABi Gas 2.0 geführt.
Anpassungsbedarf besteht unter anderem bei dem System der Fallgruppen für RLM-Abnahmestellen (regulierende Leistungsmessung) und den damit verbundenen unterschiedlichen Verpflichtungen zum Ausgleich der Bilanzkreise im Laufe des Tages. Der europäische Netzkodex sieht grundsätzlich ein reines Tagesbilanzierungssystem vor. Untertätige Verpflichtungen zum Ausgleich von Bilanzkreisen können nur nach einer vorherigen Konsultation durch die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) und Marktgebietsverantwortlichen (MGV) eingeführt werden. Dabei müssen zudem bestimmte Kriterien beachtet werden. Die Bundesnetzagentur hat die MGV und FNB am 9. Dezember 2013 aufgefordert, eine solche Konsultation durchzuführen. Am 17. Januar hat der Verein der Netzbetreiber, FNB Gas, der die Konsultation organisiert, ein entsprechendes Papier veröffentlicht.
Nach Einschätzung der FNB ist das derzeitige Strukturierungssystem für RLM-Abnahmestellen nicht mit dem europäischen Netzkodex Bilanzierung vereinbar, unter anderem da die Bilanzkreisverantwortlichen derzeit nicht nachsteuern können, um Strukturierungskosten zu vermeiden. Das Papier enthält daher einige Szenarien, die zeigen sollen, dass ein reiner Tagesbilanzausgleich zu sehr hohen Regelenergiekosten führen kann, wenn Netznutzer die Einspeisung auf einzelne Stunden des Tages konzentrieren. Die FNB schlagen deshalb die Einführung einer Tagestoleranz von 7,5 Prozent der RLM-Tagesmenge für RLM-Abnahmestellen vor. Nur für Stunden, in denen die kumulierten stündlichen Abweichungen außerhalb dieses Toleranzbandes liegen, wird ein Flexibilitätskostenbeitrag berechnet. Und dieser wird auch nur an den Tagen berechnet, an denen die MGV tatsächlich Regelenergie beschaffen mussten, um diese Abweichungen auszugleichen.
Bis zum 31. Januar können Unternehmen und Verbände zu dem Papier Stellung beziehen, das auf der Internetseite des FNB Gas verfügbar ist. Dann werden die MGV und FNB bis zum 3. März der Bundesnetzagentur ein Empfehlungsdokument übermitteln.
An dem Vorschlag arbeiten MGV und FNB im Rahmen einer Arbeitsgruppe, die von den Verbänden BDEW, Geode und VKU initiiert wurde, schon seit dem Frühjahr 2013. Im August wurde das Modell in einem Workshop auch mit Vertretern von Händlern diskutiert. Der Bundesnetzagentur wurden die Vorschläge schon vorgestellt. Gerade Händler haben bisher in der Diskussion deutliche Kritik geübt. Sie stellen grundsätzlich die Notwendigkeit untertägiger Restriktionen infrage und bestreiten, dass die Szenarien der FNB über das Einspeiseverhalten realistisch sind.
Die Konsultation ist nur der erste Schritt des Gesamtprozesses zu einer GABi Gas 2.0. Voraussichtlich im Frühjahr wird das Festlegungsverfahren der Bundesnetzagentur starten. Neben den untertägigen Restriktionen werden wesentliche Themen die Grundlagen der Ausgleichsenergieentgelte, die Informationsbereitstellung an Bilanzkreisverantwortliche und eine getrennte Regelenergieumlage für RLM- und SLP -Abnahmestellen (Standardlastprofil) sein. Eine GABi Gas 2.0 könnte entsprechend den Fristen im Netzkodex zum Oktober 2015 in Kraft treten. /hl