Stuttgart (energate) - Der Konzern EnBW soll die Mehrheit am Strom- und Gasnetz in Stuttgart abgeben. Die EnBW-Tochter Netze BW soll zwar weiterhin die Netze betreiben - mittelfristig aber als Juniorpartner der kommunalen Stadtwerke Stuttgart. Der zuständige Unterausschuss des Stuttgarter Gemeinderats habe mit großer Mehrheit die Konzessionsvergabe an die beiden Unternehmen empfohlen, teilte die Landeshauptstadt mit. Vorausgesetzt das Plenum des Gemeinderats stimmt - wie zu erwarten am 13. März - zu, dürfen sie das Stuttgarter Strom- und Gasnetz in den nächsten 20 Jahren gemeinsam betreiben. Damit geht das Duo Elektrizitätswerke Schönau (EWS) und Stadtwerke Schwäbisch Hall sowie das Trio aus dem französischen Konzern Veolia, der Braunschweiger BS Energy und dem Investor LHI leer aus. Sie hatten sich ebenfalls um die Konzessionen beworben (energate berichtete).
In einer nicht-öffentlichen Sitzung bewerteten die Lokalpolitiker am 21. Februar die unterschiedlichen Angebote. EnBW hat nochmals nachgebessert und eine schnellere Einflussnahme der Stadtwerke Stuttgart angeboten. Laut dem Konzept wird es zwei Gesellschaften geben: Bei der Eigentumsgesellschaft gehen die Stadtwerke Stuttgart bereits mit 74,9 Prozent an den Start, die EnBW-Tochter hält nur die Sperrminorität von 25,1 Prozent. Bei der Netzbetreibergesellschaft liegen die Anteilsverhältnisse zunächst genau umgekehrt. Hier wird die BW Netze zunächst mit 74,9 Prozent das Sagen haben und die Stadtwerke Stuttgart werden Juniorpartner sein, um den Netzbetrieb nach und nach zu erlernen. Nach fünf Jahren sollen die Stadtwerke die Führung übernehmen, im ersten Angebot war die Frist mit zehn Jahren doppelt so lang. Letztlich sollen die Unternehmen dann am 1. Januar 2019 zu einer sogenannten Großen Netzgesellschaft verschmolzen werden, bei der die Landeshauptstadt 74,9 Prozent der Anteile halten soll.
Ein ähnliches Konzept hatten laut einem Medienbericht auch die Elektrizitätswerke Schönau und die Stadtwerke Schwäbisch Hall vorgeschlagen. Sie hätten allerdings direkt von Anfang an Stuttgart die Mehrheit überlassen. Trotzdem entschied sich Stuttgart dagegen. Die finanziellen Ressourcen der Stadt würden dabei optimal eingesetzt, die Rendite sei angemessen, heißt es zur Begründung, ohne finanzielle Kennzahlen zu nennen. Zudem sollen die Netzentgelte in Stuttgart sinken, die bisher gemischt kalkuliert waren. Als Grund nennt Stuttgart seine hohe Abnahmedichte: "Dadurch werden die Übernahme- und Aufbaukosten der neuen Gesellschaften überkompensiert." Das Stromnetz soll zum 1. Januar 2016 zuerst entflochten werden, das Gasnetz drei Jahre später am 1. Januar 2019. Eventuelle Verluste beim Aufbau der gemeinsamen Netzbetreibergesellschaft wird laut der Vereinbarung die EnBW-Tochter tragen und nicht die Stadt.
Die Stadtwerke Stuttgart zeigten sich etwas enttäuscht von der Entscheidung. "Wir hätten gerne die Konzession alleine übernommen", sagte Geschäftsführer Michael Maxelon. Trotzdem sei man mit dem Kooperationsmodell zufrieden und wolle es so bald wie möglich mit Leben füllen. Die etwa 400 Mitarbeiter der BW Netze seien im neuen Gemeinschaftsunternehmen willkommen. Enttäuschter ist der unterlegene Bieter Veolia. Das Angebot sei gut zugeschnitten gewesen auf den Bedarf der Stadt und habe auch ein innovatives Modell zur Bürgerbeteiligung enthalten, so ein Veolia-Sprecher zu energate. Die Frage, ob sein Unternehmen die Vergabe rechtlich angreifen werde, wollte er nicht beantworten. /mt