Hannover (e21.info) - Die Offshore-Windindustrie sieht sich nicht als Gewinner in den Verhandlungen zur künftigen Ökostromförderung. Im Gegenteil: Durch das verminderte Ausbauziel von ursprünglich 10.000 MW bis zum Jahr 2020 auf nur noch 6.500 bis 7.700 MW gehe der Branche Wachstums- und damit Innovationspotenzial verloren. Das betonten Zeljko Barisic, Vertriebsdirektor der Siemens-Windsparte, sowie Ronny Meyer, Geschäftsführer der Windenergieagentur WAB, bei einer Podiumsdiskussion auf der Hannover Messe. "Je mehr Volumen wir errichten, desto schneller können wir die Kosten senken", sagte Barisic. Durch den verminderten Ausbau gehe Kostensenkungspotenzial verloren. Heute betragen die Gestehungskosten für Offshore-Windstrom laut Barisic 13 bis 14 Cent/kWh. Studien zufolge könnten sie innerhalb von zehn Jahren um 30 bis 40 Prozent sinken. "Dafür brauchen wir im Markt aber Masse", so der Siemens-Manager.
Auch WAB-Geschäftsführer Meyer sieht die politischen Beschlüsse kritisch. Er fordert vor allem für die Zeit nach 2020 ambitioniertere Ausbauziele. Statt 25.000 MW bis 2030 sollen es laut aktuellem EEG-Entwurf nur noch 15.000 MW sein. "Ein bisschen mehr würden wir uns schon wünschen", erklärte Meyer. Barisic führte aus, dass nach der neuen Zielmarke ab 2020 jährlich in den deutschen Gewässern nur noch 120 bis 130 Offshore-Turbinen errichtet würden. "Das ist sehr wenig", betonte er. Siemens setzt daher im Offshore-Segment verstärkt auf die etablierten Märkte in Großbritannien oder Dänemark. So hat das Unternehmen kürzlich angekündigt, in Hull an der englischen Ostküste ein neues Werk zu errichten (e21.info berichtete). Das sei keine Entscheidung gegen Deutschland. Großbritannien sei schlichtweg der größere Offshore-Markt, so Barisic.
Skeptisch sieht die Branche auch das geplante Ausschreibungsmodell. Noch sei zwar unklar, was der Politik genau vorschwebe. Für die Offshore-Branche sei eine Realisierung in kurzer Zeit aufgrund der langen Vorlaufzeiten der Projekte aber nicht machbar. "Wenn man 2017 starten will, hätte man schon 2007 die Regeln festlegen müssen", meinte Meyer. Er forderte von der Politik schnellstmöglich klare Rahmenbedingungen. Schon seit zwei Jahren bestehe wegen der politischen Unsicherheit ein faktischer Auftragsstopp. Viele Zulieferer im Norden seien dadurch in Bedrängnis geraten. Meyer bezweifelt zudem, dass Ausschreibungen am Ende günstiger sind als das heutige Vergütungssystem. "Nach unserer Einschätzung wird es mit Ausschreibungen nicht günstiger, das zeigen auch die Erfahrungen aus dem Ausland", so der Vertreter der norddeutschen Windindustrie. /cs