Berlin (energate) - Rechtssicherheit bei Konzessionsverfahren ist noch nicht in Sicht. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Dezember zu Konzessionsvergabeverfahren hat zu mehr Fragen als Antworten geführt, so die Einschätzung der Redner auf der Euroforum-Konferenz "Konzessionen und Kooperationen" in Berlin. In dem Urteil hatte das Gericht festgelegt, dass bei einer nicht rechtmäßigen Konzessionsvergabe die neuen Konzessionsverträge nichtig sind (energate berichtete). Da die Teilnehmer des Konzessionsverfahrens allerdings ihre Beschwerden gegen das Verfahren anmelden können, wenn es schon seit einiger Zeit abgeschlossen ist, behindere dies die Verhandlungen. Im Fall vor dem BGH war die Klage des Altkonzessionärs gegen die Vergabe erst nach über einem Jahr nach Neuvergabe der Konzession beim zuständigen Gericht eingegangen.
"Das Oberlandesgericht Karlsruhe gesteht dem Altkonzessionär zu, dass der Einspruch auch spät erfolgen kann", sagte die Energieanwältin Cornelia Kermel, von der Kanzlei Noerr. In der Entscheidung vom 26. März hatte die Süwag erstritten, dass sie ihre Netze nicht an das Elektrizitätswerk Mittelbaden übergeben muss (energate berichtete). Weil der Altkonzessionär sein Eigentum abgeben müsse, sei er besonders von dem Verfahren betroffen, so das Gericht. "Das heißt, dass keine Konzessionsneuvergabe ohne die gerichtliche Überprüfung des Verfahrens erfolgen kann", kritisierte ein Zuhörer aus dem Publikum. Nur vor Gericht könne abschließend geklärt werden, ob die Vergabe rechtens sei.
Auch an anderen Stellen gibt es rechtliche Unklarheiten, betonte Julia Werner, Referentin der Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur. So stehe die Bundesnetzagentur vor dem Problem, dass oftmals nicht klar sei, welche Teile des Netzes übergeben werden sollen. Im Fall von Stromnetzen seien die gemischt genutzten Leitungen der Mittelspannung ein Problem. Sie werden genutzt, um teilweise das Netzgebiet zu beliefern, aber auch um Strom durch das Netzgebiet durchzuleiten (energate berichtete). Die Bundesnetzagentur spricht sich dafür aus, dass diese Leitungen an den Neukonzessionär übergehen. Derzeit wird darüber am Bundesgerichtshof verhandelt, so Werner. Vor der Urteilsverkündung, die für Juni angekündigt ist, werde die Bundesnetzagentur keine Entscheidungen dazu fällen.
Wenn unklar ist, wie groß das Netzgebiet eines Betreibers ist, kann die Bundesnetzagentur auch nicht die Erlösobergrenze für den Netzbetreiber festlegen, so Werner. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf geurteilt, dass die Behörde hier tätig werden müsse. Sie solle dann den Umfang des Netzes festlegen. "Derzeit wissen wir nicht, wie das in der Praxis umgesetzt werden soll."
Ulrich Böhm von Eon Deutschland wies den Vorwurf zurück, dass Eon als Altkonzessionär oftmals versuche, die Netzübergaben zu verhindern. "Wir wollen auch ein schnelles Verfahren." Allerdings gelte es auch für sein Unternehmen, berechtigte Interessen zu wahren. Böhm plädierte dafür, dass das Konzessionsvergabeverfahren vereinfacht wird. Eine Gesetzesänderung hält er jedoch nicht für die richtige Lösung. "Rechtsfrieden lässt sich hier am besten mit Entscheidungen des BGH herstellen", sagte er. Bei Vergaben werde die Rechtsprechung berücksichtigt. Neue Begriffe im Gesetz müssten in der Auslegung definiert werden. Damit wären neue Klagen programmiert. /sw