Bonn (energate) - Die Anreizregulierung hat in den vergangenen Jahren wohl nicht zu einem Einbruch der Netzinvestitionen geführt. Dieses Zwischenergebnis für die Weiterentwicklung des Regulierungssystems hat die Bundesnetzagentur auf einem Workshop in Bonn vorgestellt. Das Institut DIW Econ analysiert im Auftrag der Behörde derzeit eine Stichprobe von 193 Strom- und Gasnetzbetreibern mit dem Schwerpunkt Verteilnetz. Bisher habe das Institut keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Einführung der Anreizregulierung im Jahr 2009 und der Investitionstätigkeit feststellen können, berichtete Ferdinand Pavel vom DIW. Sowohl die Umsatzerlöse aus den Netzentgelten seien mehr oder weniger konstant geblieben als auch die Investitionsquote, die das Verhältnis von Investitionen zum gesamten Sachanlagenvermögen beschreibt. "Etwas überraschend" sei zudem, dass die Anzahl der EEG-Anlagen im Netz die Investitionen nicht maßgeblich erhöht hätte. Stattdessen stehen eher das Alter und der Zustand der Anlagen, sprich Ersatzinvestitionen, im Vordergrund. Der DIW-Wissenschaftler betonte aber, dass es sich um vorläufige Zwischenergebnisse handle, die sich noch ändern könnten.
Das Auditorium, 260 Vertreter insbesondere von Netzbetreibern sowie einzelnen Beratungsunternehmen, meldete Zweifel an der Methodik und der Datenbasis an. Es gab mehrere Nachfragen, ob die Besonderheiten von Flächennetzbetreibern oder von ländlichen im Vergleich zu städtischen Netzbetreibern sowie die Investitionstaktik der Fotojahre ausreichend berücksichtigt seien. Auch die Differenzierung zwischen Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen führt zu Problemen, da hier die Datenlage nicht ausreicht, wie Pavel auch einräumte. Investiert ein Unternehmen beispielsweise weniger in seinen Bestand, weil es Ökostromanlagen anschließen muss?
Die Bundesnetzagentur beschränkt sich bei ihren Überlegungen nicht nur auf die DIW-Studie. So hat sie in einem Erhebungsbogen auch die Meinung der Netzbetreiber abgefragt. Nur zwei Drittel der Stromnetzbetreiber und 80 Prozent der Gasnetzbetreiber hätten darin angegeben, aus ihrer Sicht "angemessen zu investieren". "Das gibt uns zu denken", kommentierte Gregor Glasmacher, Referent der Bundesnetzagentur. Die Definition, was "angemessen" oder "ausreichend" investieren heißt, sei aber alles andere als einfach, eine "goldene Formel" habe die Behörde nicht parat. So denke man auch darüber nach, regelmäßige Abfragen zu Investitionen einzuführen oder sogar ein technisch-wirtschaftliches Anlagenregister für die Bundesrepublik, was allerdings sehr aufwendig wäre.
Die Bundesnetzagentur muss bis zum Ende des Jahres Vorschläge, den sogenannten Evaluierungsbericht, für die Bundesregierung vorlegen. Bei keiner der verschiedenen Arbeitsgruppen - darunter Investition - gebe es Endergebnisse, betonte Achim Zerres, Abteilungsleiter Energie. Im Herbst, bei einem vierten und letzten Workshop, will die Behörde ihre Vorstellungen zur Anreizregulierung präsentieren. /mt