Berlin (energate) - Verteilnetzbetreiber können auf Verbesserungen durch die geplante Reform des Insolvenzrechts hoffen. Es gebe dann eine gesetzliche Grundlage dafür, dass sie Durchleitungsgebühren von insolventen Vertriebsunternehmen nicht rückwirkend zurückerstatten müssen. Das Bundesjustizministerium hat einen entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt, der die Netzbetreiber vor solchen Forderungen schützen soll. Zuletzt hatten Unternehmen im Zuge der Insolvenz von Teldafax mehrere Gerichtsverfahren zur Klärung der Ansprüche führen müssen (energate berichtete).
Derzeit muss ein Insolvenzverwalter das Geld für die Insolvenzmasse zurückfordern, wenn es zum Zeitpunkt der Überweisung schon Hinweise darauf gab, dass das Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten war. Dies wird als Insolvenzanfechtung bezeichnet. Dazu können auch Umstellungen der Zahlungsmodalitäten zählen. Wenn ein Vertriebsunternehmen seine Überweisungen auf Ratenzahlungen umstellt, könnte dies als Hinweis auf seine drohende Zahlungsunfähigkeit gewertet werden, nach der ein Insolvenzverwalter die überwiesenen Beträge zurückfordern darf. Der Insolvenzverwalter ist dazu gesetzlich verpflichtet.
In dem Referentenentwurf wird dies nun eingeschränkt. So sollen veränderte Zahlungsmodalitäten, sogenannte Zahlungserleichterungen, die den Gepflogenheiten des Wirtschaftszweigs entsprechen, nicht mehr als Grundlage für die Rückforderung dienen. Das Ministerium schlägt auch vor, dass der Zeitraum für Rückforderungen von zehn auf vier Jahre verkürzt wird.
Der Branchenverband VKU sieht in dem Entwurf den Ansatz für die zwingend erforderliche Korrektur der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Insolvenzanfechtung. Diese habe insbesondere im Bereich der Energie- und Wasserversorgung zu höchst unsachgerechten Ergebnissen geführt. "Die Änderungen berücksichtigen auch unsere Forderungen, dass für die Sicherung des Lebensbedarfs oder der Betriebsgrundlagen durch die Daseinsfürsorge andere Regeln gelten müssen. Das sieht man auch daran, dass in der Entwurfsbegründung die Zahlung für die Strom- und Gasversorgung nun ausdrücklich als Beispiel für eine nicht anfechtbare Leistung zur Sicherung des Lebensbedarfs genannt wird", sagte ein Sprecher des Verbandes zu energate. Außerdem sei auch die Umstellung auf Ratenzahlung in dem Entwurf als nicht ausreichender Grund für eine Rückforderung genannt.
Die Anwaltssozietät Becker Büttner Held wertet die Reform ebenfalls positiv. Derzeit gebe es ein unverhältnismäßiges und unkalkulierbares Risiko für Unternehmen, wenn sie den üblichen Bitten eines Schuldners für Stundungen oder Ratenzahlungen entsprechen. Dem Gesetzesentwurf rechnet der Anwalt Markus Ladenburger indes gute Chancen aus. Er werde derzeit in der Branche diskutiert, aber aufgrund der Kritik am Insolvenzanfechtungsrecht werde er breit unterstützt, sagte er zu energate.
Kritik an einem Detail der möglichen neuen Regelung äußert der Berliner Anwalt für Insolvenzrecht Dirk Schoene von der Kanzlei Dentons. So begrüßte auch er, dass die Änderungen im Insolvenzrecht angegangen werden. Allerdings seien sie noch nicht konkret genug, gab er zu bedenken. "Wann eine sogenannte Zahlungserleichterung nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs tatsächlich vorliegt, bleibt unklar", sagte er zu energate. Hier seien konkrete Beispiele wünschenswert. /sw