Straßburg (e21.info) - Die Umweltpolitiker des EU-Parlaments haben den Weg für die Reform der europäischen Biokraftstoff-Politik freigemacht. Der federführende Umweltausschuss des Parlaments stimmte für einen Kompromissvorschlag, den der EU-Ministerrat Anfang April ausgehandelt hatte. Demnach bleibt es bei dem Ziel der EU, bis 2020 zehn Prozent der Energie im Verkehrssektor aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Maximal sieben Prozent dürfen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Zuckerrüben oder Getreide stammen. Mindestens 0,5 Prozent sollen Biokraftstoffe der zweiten Generation beisteuern, die aus Abfällen oder Algen gewonnen werden. Die fehlenden Prozente soll Strom aus erneuerbaren Energien im Auto- und Bahnverkehr liefern. Die umstrittenen Iluc-Faktoren, die die Abholzung von Wäldern in die CO2-Bilanz der Biokraftstoffe einrechnen, kommen nur zu Reporting-Zwecken zur Anwendung. Sie sollen weiter auf ihre Praxistauglichkeit geprüft werden.
Die Abgeordneten der konservativen Volksparteien im EU-Parlament (EVP) begrüßten das Votum des Umweltausschusses. Noch im Februar hatte dieser für weitaus strengere Umweltauflagen und die Berücksichtigung der Iluc-Kriterien in der europäischen Kraftstoffpolitik plädiert (e21.info berichtete). Der daraufhin im EU-Ministerrat ausgehandelte Kompromiss reagiere auf die Kritik an den ökologischen Folgen der Biospritproduktion, ohne diese komplett zu beenden, erklärten die deutschen EVP-Abgeordneten Peter Liese und Peter Jahr nun. "Nach den langen und schwierigen Verhandlungen war es wichtig, dass wir den Unternehmen, die bereits lange in Biosprit-Anlagen investiert haben, Planungssicherheit geben", betonten sie. Aus ihrer Sicht erlaubt der jetzige Beschluss eine "Reform mit Augenmaß", die bei der Produktion von Biokraftstoffen keine "unverantwortlichen Einschnitte" bewirke.
Auch die deutsche Biospritbranche begrüßte das Votum des Umweltausschusses. "Auch wenn wir einige Punkte kritisch sehen, sind wir erleichtert, dass sich unsere schlimmsten Befürchtungen nicht bewahrheitet haben", sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Positiv wertet er die Zurückstellung der Iluc-Faktoren. Kritsch sieht er hingegen, dass Ökostrom im Bahnverkehr mit dem Faktor 2,5 und im Straßenverkehr sogar mit dem Faktor 5 in die Quote einberechnet wird. "Die Mehrfachanrechnung führt nicht zu mehr Klimaschutz, sondern hilft nur, rechnerisch das 10-Prozent-Ziel zu erreichen", beklagte Baumann. Der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBE) bezeichnete den Beschluss als ersten, aber noch nicht ausreichenden Schritt. Denn noch immer fehle der Biospritbranche eine Perspektive für die Zeit nach 2020. Das Plenum des EU-Parlaments wird sich voraussichtlich Ende April mit dem nun gefundenen Kompromiss befassen. Das gesamte Gesetzgebungsverfahren könnte dann im Sommer abgeschlossen werden. /cs