Berlin (energate) - Die drei Gasag-Eigner Eon, Vattenfall und Engie (vormals GDF Suez) haben ihren Streit um den Aufsichtsratsvorsitz bei der Berliner Gasag beigelegt. Sie verständigten sich in letzter Minute auf einen Kompromisskandidaten. Auserkoren wurde Lothar Kramm, vormals Finanzvorstand der Berliner Stadtreinigung (BSR). Gemäß der Absprache wählte ihn der neue Aufsichtsrat in seiner konstituierenden Sitzung zum neuen Vorsitzenden, wie die Gasag mitteilt. Stellvertretender Vorsitzender bleibt demnach der Gasag-Betriebsratsvorsitzende Andreas Otte. "Wir sind froh, dass es eine zu einer Einigung gekommen ist", hieß es bei einer der Parteien.
Am Vortag hatte sich der Machtkampf unter den drei etwa gleichgewichtigen Anteilseignern zugespitzt. Vattenfall und Engie hatten einen Coup gelandet. Sie kündigten gemeinsam einen auf 20 Jahre angelegten Konsortialvertrag an, mit dem sie das Sagen bei der Gasag übernehmen wollen (energate berichtete). Die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden wurde damit zum ersten Kräftemessen zwischen Eon (36,85 %) und dem Vattenfall/Engie-Konsortium (63,15 %). Eon hatte den vormaligen BDEW-Präsidenten und Thüga-Vorsitzenden Ewald Woste als Kandidaten ins Rennen geschickt, während Vattenfall und Engie für die Wiederwahl des amtierenden Aufsichtsrats Gerhard Jochum eintraten (energate berichtete).
Anders als auf der Aktionärsseite gestalteten sich die Kräfteverhältnisse im Aufsichtsrat weniger eindeutig. Die Arbeitnehmervertreter in dem Gremium signalisierten, dass sie sich gegen Jochum und für Woste entscheiden würden. Hinzukommt, dass Eon und Engie eine Vereinbarung haben, ihre Kandidaten gegenseitig zu unterstützen. Es drohte die Wahl eines Aufsichtsratschefs, der nicht durch die Mehrheit der Anteilseigner gestützt ist. Um das zu vermeiden, einigten sich alle Seiten auf Lothar Kramm. Der Vorschlag soll dem Vernehmen nach von der Gasag-Vorstandsvorsitzenden Vera Gäde-Butzlaff gekommen sein, die zuvor Chefin der BSR war.
Der Machtkampf um die Gasag bleibt nach dem Patt bei der Aufsichtsratspersonalie weiter offen. Für beide Seiten geht es darum, sich als Energiepartner des Berliner Senats zu positionieren, der eine möglichst weitgehende Rekommunalisierung der städtischen Energienetze erreichen möchte. Vattenfall betreibt derzeit das städtische Strom- und Fernwärmenetz und möchte sich als Platzhirsch nicht einfach von Eon abräumen lassen. Eon wiederum könnte als innovativer Berliner Energiepartner die Erfolgsstory fortschreiben, die der Konzern mit seiner Aufspaltung in einen Teil für die neue Energiewelt und einen für die alte Energiewelt begonnen hat. "Letztlich wird Geld entscheiden, wer das Sagen bei der Gasag bekommt. Der Machtpoker ist auch dazu angetan, die Preise für die Gasag-Anteile in die Höhe zu treiben", meinte ein Kenner der Szene. /gk