Brüssel (energate) - "Die Übertragungsnetzbetreiber haben zwar die Netzwerkcodes entwickelt, sie sind aber in der IT nicht fit genug." Das sagte der Generaldirektor Energie der EU-Kommission, Dominique Ristori, bei der Jahreskonferenz des europäischen Verbandes der Übertragungsnetzbetreiber Entso-E in Brüssel. "Wir brauchen eine neue Ehe zwischen der Energie- und der Digitalwirtschaft." Deswegen würden die Generaldirektionen für Informatik (DG Digit) und Energie (DG Ener) der EU-Kommission künftig stärker zusammenarbeiten.
Ein weiteres Arbeitsfeld für die Zukunft sei der Einsatz von Speichern im Strommarkt: "Speicher und die Koordination von Kapazitäten werden immer wichtiger", so Ristori. Jedes Marktdesign ohne Berücksichtigung der Speicherwirtschaft sei "wahrscheinlich falsch", pflichtete Mateo Jaramillo bei. Er ist Leiter der Sparte Energie des US-Unternehmens Tesla, das Ambitionen im europäischen Stromspeichermarkt hat. Bislang ist das Unternehmen hauptsächlich als Hersteller von E-Autos bekannt. "E-Autos sind nicht der Endpunkt für uns", sagte Jaramillo. Er sieht großes Potenzial für seine Speicher, zumal sie technisch in der Lage seien, für 30 Minuten Regelenergie zu liefern. Bislang befürworten Batteriespeicherbetreiber eine Vorhaltezeit von 15 Minuten, weil sie technisch noch nicht für 30 Minuten Energie für die Primärregelleistung vorhalten können (energate berichtete).
Unsicher ist, ob es auf europäischer Ebene eine neue Richtlinie für Stromversorgungssicherheit geben wird. Das Thema werde wohl Ende 2016 in einem Gesetzespaket seinen Niederschlag finden, sagte Mechthild Wörsdörfer, Leiterin der Unterabteilung Energiepolitik in der Generaldirektion Energie. "Wir müssen die Versorgungssicherheit mit Strom überprüfen, wie wir das auch für Gas tun müssen."
Energate fragte Wörsdörfer, wie sinnvoll denn die nationalen Verbundziele bei Interkonnektoren seien, wenn künftig die regionale Zusammenarbeit der Übertragungsnetzbetreiber im Mittelpunkt stehen solle (energate berichtete). Die EU-Mitgliedsländer sollen eine internationale Transportkapazität von zehn Prozent der Erzeugungsleistung bis 2020 erreichen. Bis 2030 soll der Anteil bei 15 Prozent liegen. Wörsdörfer antwortete, man habe nationale Ziele stecken müssen, um Druck auf die Mitgliedstaaten auszuüben. Die nationalen Ziele seien zu erreichen, indem sich die Übertragungsnetzbetreiber in regionalen Gruppen zusammentäten. Das Zehn-Prozent-Ziel ist verbindlich. Die Notwendigkeit für eine Erhöhung auf 15 Prozent untersucht die EU-Kommission 2016. Die Frage ist, ob ein so hohes Ziel wirtschaftlich zu vertreten ist. Deutschland erreichte die zehn Prozent bereits 2014.
Joachim Vanzetta, zuständig bei Amprion für Systemkontrolle, sah Defizite bei der Aufteilung von Redispatching-Kosten unter den zusammenarbeitenden Übertragungsnetzbetreibern. Beim Redispatching werden Kraftwerke zu- oder abgeschaltet, um Instabilitäten im Netz auszugleichen. Die Betreiber der Kraftwerke müssen dann entschädigt werden. An der Verteilung der Kosten müsse man regulatorisch arbeiten, so Vanzetta. /rl