Wismar (energate/e21.info) - Die norddeutschen Bundesländer stellen sich bei den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zur EEG-Novelle quer. In einem gemeinsamen Appell, dem sich auch die Windkraftindustrie und Gewerkschaften anschlossen, fordern die Regierungschefs massive Korrekturen am geplanten EEG 2016 zugunsten der Windenergie. So fordern sie etwa, dass das politische Ziel von 40 bis 45 Prozent erneuerbare Energien am Stromverbrauch bis 2025 nicht "als Obergrenze missverstanden" werden dürfe. "Der künftig deutlich höhere Bedarf an erneuerbarem Strom, zum Beispiel im Wärme- und Mobilitätsbereich, sowie das Abkommen von Paris zum globalen Klimaschutz sprechen für eine schnellere Zielerreichung", heißt es im "Wismarer Appell", den sie auf einem Treffen in Wismar verabschiedeten. Unterschrieben haben das Papier die Regierungschefs der Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.
Ihr Appell richtet sich gegen den Arbeitsentwurf für das EEG, wonach das Wirtschaftsministerium künftig die Ausschreibungsvolumina strikt am anvisierten Ausbau des Grünstromanteils bemessen will. Die Länderchefs erinnern daran, dass neben dem 45-Prozent-Ziel auch der bisherige Ausbaupfad bei der Windkraft an Land von 2.500 MW jährlich vereinbart war und erhalten bleiben müsse. Beides schließt sich nach Ansicht des Ministeriums aus. Auf die 2.500 MW habe sich die Industrie aber inzwischen eingestellt, argumentieren die Länder. Damit stellen sie sich gegen die geplante Berechnungsformel im EEG, die die Zubaumenge von Onshore-Windenergie vom Zubau der Fotovoltaik und der Offshore-Energie abhängig macht. Die Folge wären nach Branchenangaben wohl nur 2.000 MW Zubau brutto - nicht mal die Hälfte der 2014 installierten Leistung. "Jährlich schwankende Ausschreibungsmengen nehmen den Unternehmen die Planungsrundlage und gefährden Arbeitsplätze", warnen sie in ihrem Appell.
Zu ihren weiteren Forderungen gehören Ausnahmen von der geplanten Ausschreibungspflicht für kleine Akteure und Bürgerenergieprojekte, "um auch langfristig die Akteursvielfalt zu erhalten". Das Wirtschaftsministerium lehnt solche Ausnahmen, die EU-rechtlich grundsätzlich möglich sind, mit der Begründung ab, sie würden den Wettbewerb in den Auktionen verringern und wären volkswirtschaftlich ineffizient. Auch bei den Plänen zur Offshore-Windenergie gehen die Länderchefs auf Konfrontation. Auf hoher See befürchten sie einen "Fadenriss" beim Übergang zum Ausschreibungsmodell. So sollen laut Bund alle genehmigten Projekte mit rund 6.000 MW Kapazität in einer Einmalauktion mit einem Volumen von 2.400 MW um die Fördergelder konkurrieren. Die Nordländer fordern eine Übergangsphase von mindestens vier Jahren, die mehrere Auktionen umfassen soll. Die Offshore-Windkraft könne ihre Kostensenkungspotenziale nur bei entsprechenden Volumina erreichen. Daher verlangen sie ein jährliches Auktionsvolumen von mindestens 900 MW.
Mit dem Vorstoß aus Reihen der Bundesländer spitzt sich die Debatte um die EEG-Novelle weiter zu. Zuletzt hatten Abgeordnete der Unionsfraktion zentrale Gesetzesvorhaben angegriffen. Im Gegensatz zu den norddeutschen Ländern erscheinen ihnen die Ausschreibungsmengen mit Blick auf den lahmenden Netzausbau als zu ambitioniert. /rb