Heidelberg/Stuttgart (energate) - Ein Urteil des Landgerichts Heidelberg stellt die Befreiung bestimmter Solarstromnutzer von der EEG-Umlage infrage. Bei sogenannten Mietstrom-Modellen entfällt demnach die EEG-Umlage auf den genutzten Strom nur dann, wenn der Mieter das volle wirtschaftliche Risiko des Anlagenbetriebs trägt. Darauf macht der Übertragungsnetzbetreiber Transnet BW aufmerksam, der in dem Verfahren als Kläger auftrat. In dem verhandelten Fall hatte der Eigner einer Solarstromanlage einen Teil der Anlage an einen gewerblichen Nutzer vermietet. Die beiden Vertragspartner stuften den Strombezug aus dem vermieteten Anlagenteil nicht als Drittbelieferung, sondern als Eigenversorgung ein. Für die nach dem EEG 2012 vergütete Anlage gelte damit keine Umlagepflicht, so das Kalkül der Vertragspartner.
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EEG-Umlage
Der Übertragungsnetzbetreiber Transnet BW weist jedoch darauf hin, dass für eine Umlagebefreiung ganz bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen, was das Landgericht Heidelberg in dem schon etwas zurückliegenden, aber bislang kaum beachteten Urteil bestätigte. Demnach ist der Nutzer einer fremden Solarstromanlage nur dann von der EEG-Umlagepflicht befreit, wenn er das volle Betriebsrisiko trägt, inklusive Haftungs- und Ausfallrisiko. Dies war nach Ansicht der Heidelberger Richter im verhandelten Vertragswerk aber nicht der Fall, wodurch der Anlageneigentümer nun zu einer erheblichen Nachzahlung verpflichtet werden könnte. Noch ist das Urteil des Landgerichts Heidelberg aber nicht rechtskräftig. Denn nach Auskunft von Transnet BW hat der Beklagte Berufung eingelegt. Das Verfahren wird demnach vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe fortgeführt.
Trotz des weiter offenen Verfahrensausgangs erachten Anwälte die Entscheidung der Heidelberger Richter als richtungweisend. Die Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) verweist darauf, dass neben der Frage, wer das Erzeugungsrisiko trägt, weder das zivilrechtliche Eigentum noch die tatsächliche Sachherrschaft entscheidend sind. Wer für die Erzeugung einer bestimmten Strommenge das jeweilige wirtschaftliche Erzeugungsrisiko trage, sei sachgerecht als Erzeuger dieser Strommenge anzusehen. Laut Transnet BW sind bundesweit viele gleichlautende oder zumindest ähnliche Verträge im Umlauf wie im verhandelten Fall. Die Kanzlei Rödl & Partner rät davon ab, Musterverträge, die etwa von Solarverbänden erstellt wurden, zu verwenden. Es sei in vielen Fällen fraglich, ob diese die Anforderungen für die Inanspruchnahme des EEG-Eigenstromprivilegs erfüllen, erklärte Anwalt Joachim Held.
Transnet BW betont, kein eigenes wirtschaftliches Interesse in dem Fall zu haben. Vielmehr gehe es um die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags, der Erhebung der EEG-Umlage nachzugehen. Der Netzbetreiber begrüßt daher ausdrücklich die weitere Klärung vor dem Oberlandesgericht. Denn angesichts der vielen unklaren Fälle müsse es Rechtssicherheit geben. Daran arbeitet auch die Bundesnetzagentur mit einem über 100-seitigen Leitfaden zur Eigenversorgung, der bislang aber nur in einem Konsultationsstatus vorliegt. Die Anwälte von Rödl & Partner verweisen zudem darauf, dass sich die Frage der Umlagenbefreiung auch bei bestimmten BHKW- oder Industriekraftwerks-Pachtverhältnissen stellen kann. Insofern hat das Heidelberger Urteil womöglich eine noch größere Streuwirkung. /cs