Berlin (energate) - Die Wohnungswirtschaft öffnet sich zunehmend Themen der Energieversorgung. Energate sprach mit Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GDW) über Geschäftschancen und das Verhältnis zur klassischen Energiewirtschaft.
energate: Herr Gedaschko, welche Energiethemen sehen Sie in den kommenden Monaten als größte Herausforderung für Ihre Branche?
Gedaschko: Kaum ein Bereich hat in den letzten Jahren so intensiv an Bedeutung gewonnen, wie das Thema Energie bei Wohngebäuden. Hier stehen wir in den kommenden Jahren vor enormen Herausforderungen. Ganz aktuell ist bei uns das Thema Mieterstrom im Fokus. Hier warten wir händeringend auf den angekündigten Gesetzentwurf aus dem Wirtschaftsministerium und hoffen auf einen Abbau der steuerlichen Hemmnisse. Außerdem ist natürlich das Gebäudeenergiegesetz (GEG) derzeit in aller Munde. Derzeit liegt ein Gesetzesvorschlag auf dem Tisch, den wir weitgehend mittragen können. Ein GEG noch in dieser Legislatur könnte einen langen Diskussionsprozess zum Erfolg führen. Gleichzeitig würde der Druck gemindert, der sich aus EU-Gebäuderichtlinie ergibt, bis 2018 ein Niedrigstenergiegebäude für öffentliche Gebäude zu definieren.
energate: Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund das Verhältnis zwischen Wohnungs- und Energiewirtschaft?
Gedaschko: Die Stromerzeugung gehörte bisher, anders als die Wärmeerzeugung, nicht zum klassischen Aufgabenbereich eines Wohnungsunternehmens. Durch die auch im Wohnbereich vorteilhafte Kraft-Wärme-Kopplung sowie durch die Möglichkeiten der Solarenergie haben sich unsere Unternehmen in den letzten Jahren vielfach mit der Stromerzeugung beschäftigt und betraten dabei meist Neuland. Um die sich bietenden Chancen zu nutzen, kann es hilfreich sein, mit Partnern aus dem Energiesektor zusammenzuarbeiten. Dabei ist die Kooperation zwischen Stadtwerken und Wohnungsunternehmen ein gutes Beispiel für nachhaltiges Wirtschaften. Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sind vielfältig und reichen von Beteiligungsmodellen über Dienstleistungsverhältnisse bis zu Energiegenossenschaften.
energate: Die Energiewende bietet die Chance, dass Wohnungsunternehmen selbst zu dezentralen Energieerzeugern werden. Wie schätzen Sie dieses Potenzial ein?
Gedaschko: Für viele Wohnungsunternehmen bietet es sich an, in, an und auf Wohngebäuden Strom oder kombiniert Strom und Wärme zu erzeugen. Dieser Strom könnte größtenteils wieder direkt vor Ort verbraucht werden, ohne Übertragungsnetze zu belasten. Mittelfristig kommen bis zu 3,4 Mio. Wohnungen für Mieterstrom infrage. Aber es geht hier nicht um eine autarke Versorgung, sondern um eine anteilige Versorgung mit etwa 1.000 kWh pro Haushalt. Allerdings gibt es momentan noch entscheidende Hemmnisse, die Wohnungsunternehmen davon abhalten, sich dem Thema Mieterstrom zu widmen. Wohnungsunternehmen, die Strom lokal erzeugen wollen, werden gravierend steuerlich benachteiligt. Sobald sie den Strom ins allgemeine Netz einspeisen oder den Mietern zur Verfügung stellen, wird die eigentlich gewerbesteuerbefreite Vermietungstätigkeit gewerbesteuerpflichtig. Wir verlangen ausdrücklich nicht, dass die Stromerzeugung in der Wohnungswirtschaft gewerbesteuerbefreit wird. Wir verlangen lediglich, dass die Vermietung von Wohnungen nicht durch die Stromerzeugung belastet wird. Das ist ungerecht und muss daher dringend im Gewerbesteuergesetz korrigiert werden.
Die Fragen stellte Rouben Bathke, energate-Redaktion Essen.