Berlin (energate) - Der Rollout intelligenter Messsysteme kann für Netzbetreiber ein neues Geschäftsfeld darstellen. Allerdings dürfen nur entflochtene Unternehmen gleichzeitig grundzuständige und wettbewerbliche Betreiber moderner Messeinrichtungen oder intelligenter Messsysteme sein. Damit geraten aber kleinere, nicht entflochtene Unternehmen ins Hintertreffen, so die Kritik von Sarah Schweizer, Rechtsanwältin und Partnerin der Kanzlei Schweizer Legal.
"Mit dem aktuellen Grundsatzpapier zur Digitalisierung hat die Bundesnetzagentur dargelegt, welche Herausforderungen und Chancen die Digitalisierung für den Energiesektor birgt. Dabei macht sie ganz deutlich, dass die ganze Branche (wieder einmal) vor einem grundlegenden Transformationsprozess steht: die Relevanz von plattform- und datenbasierten Geschäftsmodellen nimmt zu, etablierte Wertschöpfungsketten brechen auf und der Eintritt neuer Marktteilnehmer intensiviert den Wettbewerb. Zugleich prognostiziert sie, dass sich gerade im Bereich intelligenter Messsysteme vor allem größere Unternehmen oder Kooperationen durchsetzen werden. Mag dies auch aus Effizienzgesichtspunkten auf den ersten Blick einleuchten, muss der rechtliche Rahmen dennoch auch kleineren Marktakteuren hinreichend Planungssicherheit geben, um eigene Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Vor diesem Hintergrund verwundern die Auslegungsgrundsätze der Regulierungsbehörden zu entflechtungsrechtlichen Fragen beim Messstellenbetrieb. Demnach sollen nun Netzbetreiber unterhalb der De-minimis-Schwelle (weniger als 100.000 angeschlossene Kunden) nicht zugleich grundzuständiger und wettbewerblicher Betreiber moderner Messeinrichtungen oder intelligenter Messsysteme sein dürfen. Das bedeutet, sie müssten eigens dafür eine neue juristische Person gründen. Für kleinere Stadtwerke eine weitere Hürde auf dem ohnehin beschwerlichen Weg in das digitale Zeitalter. Dabei ist eine solche Auslegung der Entflechtungsbestimmungen vom Gesetzgeber gar nicht gefordert. § 3 Abs. 4 MsbG verweist lediglich darauf, dass vom grundzuständigen Messstellenbetreiber die Vorgaben für die buchhalterische Entflechtung einzuhalten sind. Strengere Vorgaben sind nicht notwendig. Die zweckgebundene Datenkommunikation in § 49 ff. MsbG steht einem Wettbewerbsvorteil des vertikal integrierten Messstellenbetreibers ohnehin entgegen. Denn ein Verstoß kann von den Regulierungsbehörden entsprechend geahndet werden. Die Gesetzesbegründung zum Messstellenbetriebsgesetz verweist darauf ganz ausdrücklich. Weder rechtlich noch tatsächlich besteht daher eine Notwendigkeit für den Vorstoß der Regulierungsbehörden.
Hinzu kommt - ungleich schwerer wiegend - dass die Regulierungsbehörden in ihrem Papier selbst nur eine unverbindliche 'Orientierungshilfe' für die Unternehmen sehen möchten. Ein ohnehin verunsichertes Marktumfeld braucht aber keine unverbindlichen Empfehlungen, sondern klare und verlässliche Rahmenbedingungen! Wer die Notwendigkeit neuer Geschäftsmodelle, das Aufbrechen alter Strukturen und Veränderungen nach innen und außen fordert, muss den Unternehmen auch einen eindeutigen rechtlichen Rahmen aufzeigen. Sonst verlieren wir unnötig Zeit und Ressourcen auf dem Weg in die digitale Energiewelt von Morgen." /Sarah Schweizer