Berlin (energate) - Die für das Energiewende-Monitoring zuständigen Regierungsberater greifen mit einem Kurzgutachten in das energiepolitische Tauziehen der potenziellen Jamaika-Koalitionäre ein. Das Expertengremium legte einen aktualisierten Statusbericht zur Energiewende vor. Darin konstatiert es, dass die Energiewende in vier von sechs Bereichen aus dem Tritt ist. Ganz oben auf der Mängelliste steht das Verfehlen der Klimaziele. Das Vorhaben, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent zu senken, geht demnach deutlich fehl. Um die Lücke zu schließen, wäre von 2018 bis 2020 eine jährliche CO2-Reduktion um rund 50 Mio. Tonnen erforderlich. Dazu müsste sich das Reduktionstempo gegenüber den Vorjahren vervierfachen, schreiben die Experten.
Auch das Energieeffizienzziel ist nach Ansicht der Experten nicht mehr zu halten. Die Ziele beim Netzausbau sowie Wirtschaftlichkeit und Kosten der Energiewende stünden auf der Kippe. Nur beim Atomausstieg und dem Erneuerbaren-Ausbau liege man im Plan. Gründe für die Zielverfehlungen sind nach Meinung der Kommission zum Teil hausgemacht. So fehlten im Klimabereich zusätzliche Maßnahmen, um die Treibhausgaswirkungen des Atomausstiegs zu kompensieren. Bei der Energieeffizienz hapert es daran, dass die Instrumente zur Einsparung von Primärenergie in keinem "adäquaten Verhältnis zu den verfolgten Zielen" stehen.
Neuinterpretation der Ziele
Als Konsequenz schlägt die Kommission in erster Linie vor, den "bisherigen Zielhorizont für 2020 auf das Jahr 2030" zu erweitern. Das sei schon deswegen angemessen, weil seit 2010 Entwicklungen eingetreten sind, "die eine Neuinterpretation bestimmter Energiewendeziele nahelegen". Dazu gehöre angesichts der Elektromobilität etwa das Ziel, den Bruttostromverbrauch zu reduzieren. Überdies plädieren die Experten dafür, eine allgemeine CO2-Bepreisung zum Leitinstrument zu machen, um beim Klimaschutz voranzukommen. Das würde die Wettbewerbsposition der Erneuerbaren gegenüber den fossilen Energien verbessern. Ein neuer CO2-Preis sollte überdies möglichst alle emittierenden Sektoren einbeziehen und könnte für die Verbraucher kostenneutral bleiben. Überlegungen zu einem Kohleausstieg finden sich indes in den Vorschlägen nicht. Weiterhin empfehlen die Experten, die Sanierungsrate im Gebäudebestand auf zwei Prozent im Jahr zu erhöhen.
Mit den Empfehlungen, das Energiewendeziel im 2030-Horizont neu zu definieren, und dem Aussparen eines programmierten Kohleausstiegs unterstützen die Experten die Verhandlungslinie des Kanzleramts. Dies könnte Überlegungen anschieben, das Thema Kohleausstieg zu umschiffen und die Ziele für 2020 in den Zielen für 2030 aufzulösen (
energate berichtete). /gk