Essen (energate) - Es ist ohne Zweifel die Nachricht, die den deutschen Energiemarkt erschüttert wie keine andere seit dem Atomausstieg nach dem Reaktorunfall von Fukushima. Der Innogy-Konzern, vor nicht einmal zwei Jahren von RWE abgespalten, soll in einem komplexen Deal zu großen Teilen im Eon-Konzern aufgehen (energate berichtete). Die Pläne sind das vorerst spektakulärste Kapitel im Umbau der deutschen Energiekonzernen im Zuge der Energiewende. Darin zeigt sich: Sowohl RWE als auch Eon, die beide über Aufspaltungen ihre strategischen Weichen neu gestellt hatten, müssen wenige Jahre danach ihren Kurs deutlich nachjustieren. Die Bündelung von Netzen, Vertrieb und erneuerbaren Energien auf der einen Seite und der reine Fokus auf die konventionelle Stromerzeugung auf der anderen Seite haben ausgedient.
Eon nutzt dabei die Gunst der Stunde und die derzeitige Schwäche des Innogy-Konzerns für einen bis vor Kurzen kaum vorstellbaren Wachstumsschub im Netz- und Vertriebsgeschäft. Zugleich verabschiedet sich der Konzern komplett aus dem Erzeugungsgeschäft, nachdem das Unternehmen die konventionelle Erzeugung ohnehin schon an Uniper ausgelagert hatte. Das Erneuerbarengeschäft abzugeben, dürfte indes nur wenig Trennungsschmerz auslösen, denn mit Herzblut hatte Eon - trotz aller Lippenbekenntnisse - den Erneuerbarenausbau seit der Abspaltung Unipers nicht betrieben.
RWE lindert die Kohle-Abhängigkeit
RWE korrigiert mit der Übernahme einen historischen Fehler bei der eigenen Konzernspaltung - die Trennung der Erzeugungssparte in Erneuerbare und Konventionelle. Dass die Aktivitäten von Innogy und Eon in dem Bereich zurück an RWE gehen sollen, macht RWE nicht nur zu einem führenden Player im Erneuerbarenmarkt mitsamt gut gefüllter Projektpipeline. Es lindert auch die Abhängigkeit von der Kohlekraft und damit von den anstehenden politischen Entscheidungen und eröffnet dem Unternehmen zugleich eine langfristige Zukunftsperspektive im Erzeugungsmarkt.
Bemerkenswert ist auch, dass Eon und RWE mit dem Deal ihre jahrzehntelange Konkurrenzsituation faktisch aufgeben. Sie einigen sich auf eine Aufgabenteilung im Energiemarkt - inklusive einer Verflechtung auf Eignerebene. RWE wird der dominante Stromerzeuger im deutschen Markt, Eon baut seine starke Position im Netzgeschäft und auch im Vertrieb aus - das wird die Aufsichts- und Kartellbehörden auf den Plan rufen. Die Konzerne haben das vorab geprüft - mit dem Ergebnis: Müsste klappen. Ob man das in Bonn - und nicht zuletzt auch in Berlin - auch so sieht, werden die nächsten Wochen zeigen.
Innogy ohne starke Stimme
Leidtragender des Deals ist Innogy. Die Marke, die der ehemalige RWE- und Innogy-Vorstandschef Peter Terium in den vergangenen Jahren mühevoll aufgebaut und mit Leben gefüllt hat, dürfte voraussichtlich wieder vom Markt verschwinden. Indirekt machen sich Eon und RWE dabei zunutze, dass Innogy derzeit ohne starke Stimme dasteht, die gegen die Pläne opponieren könnte. Denn der Posten des Vorstandsvorsitzenden ist nach der Trennung von Terium nur kommissarisch besetzt und nach dem Säureangriff auf Finanzvorstand Bernhard Günther ist auch der zweite starke Mann im Innogy-Konzern derzeit außen vor.
Dass man solche Deals erfolgreich torpedieren kann, hatte zuletzt Uniper-Vorstandschef Klaus Schäfer gezeigt, der eine Komplettübernahme durch Fortum bis jetzt verhindert hat. Ganz nebenbei werfen die Übernahmepläne auch ein neues Licht auf die Demission von Terium. Mit ihm wäre ein solcher Deal womöglich nicht zu machen gewesen. /rb