Frankfurt/Main (energate) - Der Auftragseinbruch bei großen Gaskraftwerken kommt "für alle Beteiligten ziemlich überraschend". Das sagte Matthias Zelinger, Geschäftsführer des Maschinenbauverbandes VDMA Power Systems, im Interview mit der Zeitschrift emw. Zwar würden noch viele Gaskraftwerke gebaut. Gerade beim Bau großer Kraftwerke halten sich die Investoren aber zurück, so Zelinger. "Ob das nochmal im großen Volumen wiederkommt, ist fraglich." Grund für die Zurückhaltung sei der Umbau der Märkte und der Preisverfall bei den Erneuerbaren. Große Gasanlagen hätten nur noch dann eine Perspektive, wenn sie flexibel und effizient seien, auch in Teillast. "In Zentraleuropa können Sie heute kein Kraftwerk mehr verkaufen, das nicht zwei Start-Stopps am Tag leisten kann", sagte Zelinger. Neben der zeitlichen Flexibilität gewinne auch die Brennstoffflexibilität an Bedeutung. Dabei gehe es beispielsweise um die Frage, wie viel Wasserstoff oder wie viel Biogas ein Kraftwerk mitverbrennen könne.
Branche hofft auf Sonderausschreibungen
Aber auch für die Windkraftbranche sehe trotz der Energiewende nicht alles rosig aus. "Für 2019 haben wir im Auftragsbestand aus Deutschland ein knackiges Loch", sagte Zelinger. Grund seien die Ausnahmeregelungen für Bürgerwindparkprojekte gewesen. Nun hofften die Anlagenbauer auf die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Sonderausschreibungen. Ebenso wie die Wind- und die Solarbranche plädiert auch der VDMA für getrennte Ausschreibungen. Theoretisch sei es zwar sinnvoll, die CO2-Minderung völlig technologieoffen in den Wettbewerb zu stellen, erklärte Zelinger. Dafür müsste man aber in die Ausschreibung alle Systemaspekte berücksichtigen. Ansonsten führten minimale Vorteile für die eine Technologie zu einem starken Ungleichgewicht - zu einer Konzentration entweder von zu viel Solar im Süden oder zu viel Wind im Norden. "Daher erachten wir getrennte Ausschreibungen für sinnvoll", konstatierte Zelinger.
Im Übrigen sehe sein Verband im derzeitigen Preisverfall bei der Windenergie auch eine gewisse Gefahr. Mittelfristig könnte das Geld fehlen, "um auch noch in die nächste und übernächste Anlagengeneration investieren zu können". Bei den Abstandsregelungen für Windkraftanlagen plädierte Zelinger für flexiblerer Vorgaben: "Starre Abstandsregelungen sind aus meiner Sicht wenig intelligente Lösungen." So werde derzeit beispielsweise nicht berücksichtigt, ob sich ein Hügel oder Gebäude zwischen Windpark und Wohnbebauung befänden.
"Momentan ausreichend Speicher vorhanden"
Für den Ausgleich der fluktuierenden erneuerbaren Energien stünden derzeit noch genügend Speicher zur Verfügung. Mit einem zunehmenden Erneuerbaren-Anteil gewinne die mittelfristige Versorgung, also die Tag-Nacht-Verschiebung, an Bedeutung. "Dort kriegen wir aber womöglich noch entsprechende Geschäftsmodelle hin", hofft Zelinger. Ein größeres Problem sieht er hingegen bei Langfristspeichern. Dafür kommen laut Zelinger aus technischer Sicht für große Volumina derzeit nur chemische Speicher in Betracht, also Wasserstoff oder Methan im Erdgassystem. /sd
Das ganze Interview mit Matthias Zelinger lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der emw, die am 1. August erschienen ist.