Gazprom ist nicht der einzige Produzent, der neue Geschäftsmodelle auf der Basis von Wasserstoff erarbeitet. (Foto: OAO Gazprom)
Moskau (energate) - Gazprom könnte langfristig Wasserstoff anstelle von Erdgas anbieten. Ein solches Szenario scheint bei dem russischen Gasproduzenten immer mehr Unterstützer zu finden. Auf der norwegischen Upstream-Gaskonferenz ONS in Stavanger Ende August dieses Jahres, hat die Gazprom-Export-Vorstandsvorsitzende Elena Burmistrowa ein solches Szenario in einer Präsentation skizziert. Der Übergang zu einer Wasserstoffwirtschaft auf der Grundlage effizienter Technologien einer CO2-armen Produktion von Wasserstoff aus Erdgas könnte es der EU erleichtern, anspruchsvolle CO2-Minderungsziele für 2050 zu erreichen, heißt es in der Präsentation von Burmistrowa. Auch durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin soll es eine Unterstützung für Wasserstoffprojekte geben.
Gazprom ist nicht der einzige Produzent, der an solchen Zukunftsvisionen arbeitet. Auch die norwegische Equinor (früher Statoil) arbeitet an dem Thema. Beide Produzenten favorisieren unterschiedliche Verfahren. Equinor setzt auf die im industriellen Maßstab etablierte Technik des "Steam-Reforming", bei der Methan in Wasserstoff und CO2 aufgespalten wird. Der Nachteil: Das CO2 muss dann gelagert werden, was in ausgeförderten Gasfeldern von Equinor in Norwegen passieren könnte. Gazprom, so ist von verschiedenen Quellen zu hören, scheint ein Verfahren zu präferieren, bei dem das Methan bei hohen Temperaturen in Wasserstoff und Karbon aufgespalten wird. Der Vorteil: Das Karbon kann verwendet werden, der Markt für Karbon ist allerdings noch sehr klein. Der Nachteil: Dieses Pyrolyse- oder Cracking-Verfahren ist bisher nicht großtechnisch verfügbar, obwohl es seit den fünfziger Jahren bekannt ist. Allein in Kanada gab es bis 1998 einen Reaktor, um Karbon zu erzeugen. International gibt es einige Projekte. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat das im Großlaborversuch in Zusammenarbeit mit dem Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) getestet. Nach Einschätzung der Institute waren diese Tests erfolgreich, sodass die nächsten Schritte hin zu einer industriellen Entwicklung getan werden können.
Geschäftsmodell für dekarbonisiertes Energiesystem
Für Gasproduzenten liegt der Vorteil einer Produktion von Wasserstoff aus Methan auf der Hand. Sie hätten in einem dekarbonisierten Energiesystem ein Geschäftsmodell. Nach einer Umstellung auf Wasserstoff könnte auch die Erdgasinfrastruktur weiter genutzt werden. Die Netzbetreiber sind davon überzeugt, dass die Pipelines auf allen Druckstufen eine hohe Konzentration von Wasserstoff vertragen. Zudem kann sehr schnell relativ kostengünstig dekarbonisierte Energie zur Verfügung gestellt werden. Durch die Beimischung von Wasserstoff zu Erdgas würde eine allmähliche Umstellung der Systeme möglich. Im Wärmemarkt müssen ab einer bestimmten Konzentration die Endgeräte allerdings ausgetauscht werden.
Politisch passen weder das Konzept von Equinor noch von Gazprom in Deutschland zu den Vorstellungen eines Energiesystems der Zukunft. Die Basishypothese zu Wasserstoff lautet in allen Studien in Deutschland, dass Wasserstoff im Rahmen der Sektorkopplung aus erneuerbarem Strom erzeugt wird. Wirtschaftlich ist der generelle Umstieg auf Wasserstoff unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ohnehin nicht. Entscheidend dürfte die Höhe des CO2-Preises sein. Die Höhe des CO2-Preises bei dem ein Umstieg ökonomisch sinnvoll ist, wurde bisher nie klar genannt. Aber die Überlegungen der Produzenten zeigen, dass sie die Klimaschutzziele ernst nehmen. /hl
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