Linken-Energiepolitiker Beutin fürchtet negative Klimaeffekte durch billigeres Gas. (Foto: Die Linke)
Berlin (energate) - An mehreren Standorten in Deutschland wird aktuell die Entwicklung von LNG-Terminals vorangetrieben, vor allem an der Nordseeküste. Sie sollen in Konkurrenz zur Ostsee-Pipeline "Nord Stream" treten und zusätzliche Gasbezugsquellen eröffnen. Lorenz Gösta Beutin, klima- und energiepolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Bundestag, sieht den zunehmenden Gaswettbewerb kritisch, denn mehr Gasbezugsquellen drücken auf die Preise und so dürften es CO2-freie Klimaschutztechnologien noch schwerer haben, schreibt er im Kommentar.
"Ein heftiger Wettkampf tobt derzeit zwischen Ost und West: Wer wird künftig wie viel Erdgas nach Deutschland und Europa liefern? Ein regelrechter Gaskrieg um Absatzmärkte ist zwischen Russland und den USA ausgebrochen: Goldgräberfieber auch an der deutschen Küste. Denn hier soll nicht nur die russische Pipeline 'Nord Stream 2' andocken, die eine Verdoppelung der bestehenden 'Nord Stream 1' ermöglichen soll. Es sollen auch ein oder mehrere LNG-Terminals errichtet werden, die Flüssigerdgas - zum Beispiel aus Katar oder den USA - an der Nordseeküste in Empfang nehmen können.
Die Bundesregierung mischt kräftig mit und will die Entwicklung von LNG-Terminals fördern. Allein für ein geplantes Flüssiggas-Terminal in Brunsbüttel sollen in den nächsten Jahren zunächst 16 Mio. Euro fließen. Auch in Stade und Wilhelmshaven gibt es Überlegungen zu Terminals. Ungeachtet dessen, dass die Auslastung von bestehenden LNG-Terminals in Nachbarländern derzeit bei nur bei etwa 22 Prozent liegt.
Die Umwelt und das Klima haben bei alledem das Nachsehen. Versorgungspolitisch brauchen wir weder die Vergrößerung des Gashahns im Nordosten ('Nord Stream 2'), noch die Anlandung von LNG im Nordwesten (Brunsbüttel). Denn künftig wird weniger Erdgas gebraucht und es wird kaum Knappheit eintreten, selbst wenn - wie zu erwarten ist - einige innereuropäische Quellen wegfallen, etwa in der Nordsee und den Niederlanden. Durch Effizienzgewinne und immer mehr erneuerbare Energien auch im Wärmebereich muss und wird der Gasbedarf zurückgehen, ganz im Sinne des Pariser Klimavertrags.
Auch im Verkehrsbereich ist die Rolle von LNG noch nicht ausgemacht. Ich halte es für unaufrichtig von der Bundesregierung, die Förderung von LNG-Infrastruktur mit der Dekarbonisierung von Schiffsantrieben zu rechtfertigen. Diese Förderung steht im Widerspruch zu der vom Ministerium hochgelobten Technologieoffenheit. Denn die Umstellung des Schiffsverkehrs auf ökologische Antriebe kann auch über Brennstoffzellen erfolgen, also mittels ökostrombasierten Wasserstoffs statt mit fossilem Gas. Speziell LNG aus den USA ist zudem in der Regel hochriskant gewonnenes Fracking-Gas mit hohem Treibhausgasfaktor. Damit Schiffe ökologischer machen zu wollen, hieße, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.
Dieser Gasabsatzkrieg ist noch aus einem anderen Grund brandgefährlich: Eine Überflutung Deutschlands und Europas mit Erdgas wird für niedrige Preise sorgen. Worüber sich vielleicht die Wirtschaft freuen mag, durchkreuzt alle Wirtschaftlichkeitsberechnungen energetischer Gebäudesanierungen. Denn selbstverständlich dämmen und modernisieren in der Regel nur diejenigen ihr Haus, die davon finanziell etwas haben. Bereits heute ist es traurigerweise billiger, eine effiziente Gasheizung einzubauen, als eine auf Basis erneuerbarer Energien. Diese Schieflage würde durch billigeres Gas weiter verstärkt.
Unter dem Strich ist es unverantwortlich, dass bei der Förderung von LNG-Terminals für die Bundesregierung klimapolitische Aspekte keine Rolle spielen, wie der Staatssekretär im Wirtschaftsausschuss unumwunden zugegeben hat. Auf diese Weise wird offenen Auges bereits das nächste Klimaziel 2030 in Gefahr gebracht." /Lorenz Gösta Beutin
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