Essen/Hamburg (energate) - In der Energiebranche zeichnet sich massive Gegenwehr gegen die geplante Transaktion der beiden Energiekonzerne Eon und RWE ab. In dem nun angelaufenen Prüfverfahren der EU-Kommission haben sich zahlreiche Unternehmen beiladen lassen, um den Deal unter Wettbewerbsaspekten zu hinterfragen. "Viele Unternehmen haben grundsätzliche wettbewerbliche Bedenken gegen die Pläne von Eon und RWE", sagte Ines Zenke, Energierechtsexpertin der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) im Gespräch mit energate. Es bestehe große Sorge, "dass zentralistische Strukturen im Markt entstehen", so Zenke, die einige Branchenakteure in dem Prozess vertritt.
"Wettbewerb muss erhalten bleiben"
Zu den Unternehmen, die bei dem Prüfverfahren mitreden wollen, gehören nach energate-Informationen etwa die EWE AG, Enercity oder auch Entega. Öffentlich dazu äußern wollen sich die Wenigsten, zumindest aber die EWE: "Wir fordern nicht, die Pläne zu untersagen", erläuterte Vorstandsvorsitzender Stefan Dohler. "Wir regen aber an, diese so zu gestalten, dass weiterhin faire Wettbewerbssituationen möglich sind." Der EWE-Chef verwies etwa darauf, dass die künftige Eon mehr als 50 Prozent aller Konzessionen in Deutschland halten werde. "Wettbewerb muss erhalten bleiben, daher sind strenge Auflagen gefragt, die diesen weiterhin ermöglichen", gab Dohler den Kartellbehörden mit auf den Weg. Stellvertretend für seine Mitglieder erklärte der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU), man beobachte die Pläne "mit kritischer Distanz". Das Kartellamt sei nun gefordert, "das Verfahren so zu ordnen, dass der Wettbewerb in der Energiebranche erhalten bleibt", erklärte Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche.
Marktanteile von bis zu 70 Prozent
Der Ökostromanbieter Lichtblick hatte seinen Widerstand gegen die Pläne von Eon und RWE bereits früh angekündigt (
energate berichtete). Nun legte das Hamburger Unternehmen nach in Form einer Analyse, die vor der künftigen Marktmacht von Eon im Stromvertrieb warnt. Demnach wäre Eon nach Abschluss des Deals auf zwei Drittel der Fläche Deutschlands größter Stromanbieter. In diesen Regionen soll der Marktanteil bei mehr als 70 Prozent liegen. Inklusive aller Beteiligungen kommt der Eon-Konzern dann auf mehr als 160 Strommarken und 840 Tarife. Lichtblick warnt, dass Eon mit der Innogy-Übernahme insbesondere die renditestarken Geschäftsfelder Grundversorgung und Netzbetrieb ausbaut. Mit diesen sicheren Gewinnen könne das Unternehmen "auch in wettbewerblichen Märkten aggressiv auftreten".
Zugleich warnt Lichtblick mit Blick auf den Smart-Meter-Rollout vor einer marktbeherrschenden Stellung, die Eon in neuen Geschäftsfeldern erobern könnte. So kontrolliere Eon nach dem Deal mehr als 20 Millionen Stromzähler. Dadurch werde der Konzern zum "führenden Datenkonzern der Energiewirtschaft". "Eon wird den Wettbewerb schon in den Startlöchern abhängen", mahnte Lichtblick-Geschäftsführer Gero Lücking, der in dem Zuge auf die Quasi-Monopole von Google und Amazon in datenbasierten Plattformgeschäften verwies. Laut der Analyse, die das Beratungsunternehmen LBD erstellt hat, kann Eon etwa allein aufgrund der Masse Smart Meter und damit verbundene Messdienstleistungen etwa 50 Prozent günstiger anbieten als Wettbewerber.
EU-Kommission befragt den Markt
Eon hatte die geplante Transaktion kürzlich bei der Wettbewerbsbehörde der EU-Kommission angemeldet (
energate berichtete). Die Kommission hat bereits eine erste Marktabfrage eingeleitet und einen Fragebogen mit insgesamt 228 Fragen an mehr als 600 Verfahrensbeteiligte geschickt. Auch Eon selbst muss diese Fragen beantworten. Der Konzern beschwichtigt derweil. Im Energievertrieb herrsche in Deutschland ein intensiver Wettbewerb mit einer Vielzahl von Anbietern, so ein Sprecher auf energate-Nachfrage. Der Konzern geht davon aus, nach der Integration von Innogy einen Marktanteil von 20 Prozent zu erreichen. /rb