Berlin (energate) - Die Politik sollte auf dem Weg in eine grüne Gaswelt nicht einseitig auf Power-to-Gas setzen. Das sagte Hugo Dijkgraaf, Technikvorstand von Wintershall Dea, beim "BDEW-Kongress 2019" in Berlin. "Wir brauchen einen technologieoffenen Ansatz", betonte er. Heute wird Wasserstoff größtenteils durch Methanreformierung aus Erdgas gewonnen. Auf diesem Weg erzeugt, wird er als "grauer Wasserstoff" bezeichnet. Mit der CO2-Abscheidung durch CCS-Technologie entsteht daraus "blauer Wasserstoff". Die "grüne" Alternative, über die hierzulande in der Regel debattiert wird, ist Power-to-Gas. Aber auch im Pyrolyse-Verfahren gewonnener Wasserstoff sei eine Alternative mit großem Potenzial, betonte Dijkgraaf.
Per Pyrolyse zu "türkisfarbenem Wasserstoff"
Bei der sogenannten Methanpyrolyse wird Erdgas thermisch in einem Hochtemperaturreaktor in seine Bestandteile Wasserstoff und Kohlenstoff zerlegt. Anstelle von CO2 entsteht so ein fester Rohstoff, der in der Industrie beispielsweise für die Produktion von Leichtbaustoffen oder die Batteriefertigung genutzt werden kann. Nicht nur aus Kostengründen, sondern auch aus Gründen der Versorgungssicherheit sollte die Politik diese Form der Wasserstoffgewinnung, die Dijkgraaf als "türkis" bezeichnete, nicht außer Acht lassen, forderte der Wintershall-Dea-Vorstand.
Ulrich Benterbusch, Leiter der Unterabteilung Wärme und Effizienz im Bundeswirtschaftsministerium, signalisierte Entgegenkommen. "Wir befürworten einen technologieoffenen Ansatz und gucken auf das, was finanzierbar ist." Dazu gehört Power-to-Gas aktuell nicht. Das liege aber nicht an den Technologiekosten, sondern an den hohen Betriebskosten, wandte Carl Berninghausen, Vorstandschef von Sunfire, einem der führenden Hersteller von Elektrolyseanlagen ein. So führe der hohe Strompreis hierzulande dazu, dass sein Unternehmen Projekte derzeit vor allem im Ausland umsetze. Das sei ein Fehler, den die Politik beheben müsse. "Das werden wir tun", versprach Benterbusch. Aber "Schritt für Schritt" schränkte er ein.
Vom Erdgas- zum Wasserstoffnetz
Schrittweise will auch die hiesige Gasbranche den Wasserstoffanteil im Gasnetz erhöhen. So hatte Gasag-Chef Gerhard Holtmeier Anfang des Jahres gesagt, dass er einen Wasserstoffanteil von 20 bis 25 Prozent im Gasnetz bis 2030 für möglich halte (
energate berichtete). "Die Netze müssen Wasserstoff-ready werden", sagte jetzt auch Ralph Bahke, Geschäftsführer beim Fernleitungsnetzbetreiber Ontras. Er sieht bei der Wasserstoff-Zumischung allerdings Grenzen. "Wir brauchen auch reine Wasserstoffnetze", betonte er deshalb. Dabei gehe es allerdings nicht um den Aufbau einer neuen Infrastruktur, sondern um die Umwidmung bestehender Erdgasnetze. /cs