Essen (energate) - Wasserstoff ist ein wichtiges Instrument zum Erreichen der Klimaschutzziele bis 2050. Zumindest in diesem Punkt waren sich die Diskutanten beim diesjährigen energiepolitischen Dialog einig, zu dem Open Grid Europe (OGE) nach Essen geladen hat. Über die Rolle einzelner Akteure und die Einsatzmöglichkeiten des Wasserstoffs gingen die Meinungen nicht selten auseinander. Der Fernleitungsnetzbetreiber arbeite mit Nachdruck an innovativen Wasserstofflösungen für bestehende und zukünftige Herausforderungen der Energiewende. Einen konkreten Beitrag dazu wolle OGE mit seinen Partnern im Reallabor "Westküste 100" leisten, so Sprecher der OGE-Geschäftsführung Jörg Bergmann. Das Projekt gehört zu den Gewinnern im Ideenwettbewerb "Reallabore der Energiewende" des Bundeswirtschaftsministeriums. Man solle es nicht bei den Strategiepapieren belassen und zur Tat schreiten, appellierte er an die Bundesregierung.
OGE hält an "Hybridge" fest
Ein weiteres Projekt von OGE ist die Errichtung eines Elektrolyseurs mit 100 MW Leistung, das das Unternehmen gemeinsam mit dem Übertragungsnetzbetreiber Amprion anstrebt. Das Vorhaben flog aus dem Netzentwicklungsplan Strom 2030, in den es die Projektpartner als Ausbaumaßname eingebracht haben, sehr zum Unverständnis der beiden TSOs. Aus ihrer Sicht tragen solche Anlagen zur Kappung der Stromspitzen bei, sorgen als Energiespeicher für Systemstabilität und sind damit systemrelevant. Das Nein der Regulierungsbehörde fällt deutlich aus: "Es handelt sich weder um eine Maßnahme zur Optimierung, zur Verstärkung, noch zum Ausbau des Stromnetzes, da die Anlage die Transportkapazität des Stromnetzes nicht erhöht und damit nicht der originären Aufgabe des Netzbetreibers, dem Transport von elektrischer Energie, dient", hieß es im Papier der Behörde. Zusätzliches Gewicht bekommt die Argumentation der Behörde durch aktuelle Entwicklungen in Hamburg.
Regelt der Markt die H2-Produktion selbst?
In Hamburg plant die Stadt einen Elektrolyseur mit 100 MW Leistung, den sie zusammen mit noch nicht näher genannten Partnern realisieren und kommerziell betreiben will (
energate berichtete). Wenn der Markt nun den Bau und Betrieb der Power-to-Gas-Anlagen im Wettbewerb regelt, bleiben die Netzbetreiber außen vor. Dass PtG-Anlagen tatsächlich wirtschaftlich laufen, was bislang nicht der Fall ist, dazu könnte ein Vorstoß der SPD entscheidend beitragen. Andreas Rimkus (SPD), Mitglied des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie, hat für die kommenden Wochen ein Positionspapier seiner Partei angekündigt, das eine Befreiung von der EEG-Umlage für grünen Strom auf den Weg bringen soll, der zur Wasserstoffproduktion eingesetzt wird. Dieser Schritt könnte den bereits laufenden Pilotanlagen zum wirtschaftlichen Durchbruch verhelfen und einen so oft geforderten Impuls für den Bau neuer Anlagen setzen.
Diskutiert wurde ebenfalls über die Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff. Aus Sicht von Michael Theben, Leiter der Abteilung Klimaschutz des Wirtschaftsministeriums des Landes NRW, verfüge hier der Verkehrssektor über größte Potenziale, die es nun zu heben gelte. Die damit verbundenen Projekte, beispielsweise im ÖPNV, werde das Land mit Fördermitteln unterstützen. Auch beim Thema Gebäudeeffizienz können Brennstoffzellen einen wichtigen Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen leisten. Vieles dreht sich bei den Fragen zu den Investitionsentscheidungen und der Skalierbarkeit der Wasserstoffanlagen um Kosten. "Wie drücken wir die Kosten für Elektrolyseure auf 500 Euro je kW runter?" Denn ein zentraler Punkt für die Durchsetzung der H2-Technologie sei nun mal nicht die höchste Notwendigkeit, sondern immer noch die höchste Zahlungsbereitschaft, stellte Theben fest.
Wasserstofftechnologie internationalisieren
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren sich einig, dass es beim Thema Wasserstoff keine nationalen Alleingänge geben sollte, wie es beim EEG beispielsweise der Fall war. Es sei nicht zielführend, Energieimporte aus dem Ausland vehement abzulehnen, warnte Rimkus. Aus seiner Sicht war auch die Beschränkung der Vergabe von Fördergeldern für Reallabore auf nationale Projekte ein Fehler. Internationalen Kooperationen und die Wasserstoffproduktion in Lateinamerika oder Nordafrika könnten "Teil eines Friedensszenarios" werden, die den Menschen vor Ort würdige Lebensbedingungen bieten und somit die Zahl der Klimaflüchtlinge senken. Deutschland könnte hingegen von dem Ausbau der Wasserstofftechnologie durch Exporte von Maschinen und Produktionsanlagen enorm profitieren, erläuterte er. /am