Berlin (energate) - Der lange erwartete Startschuss für den verpflichtenden Smart-Meter-Rollout ist gefallen. Am 31. Januar hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die dazu notwendige positive Markterklärung veröffentlicht. Ab sofort sind damit die grundzuständigen Messstellenbetreiber verpflichtet, innerhalb von drei Jahren zehn Prozent der Pflichteinbauten abzuarbeiten. Laut der aktualisierten
Marktanalyse des BSI beträgt die Anzahl der Pflichteinbaufälle zum Rollout-Start knapp 4 Mio. Zähler. Aufgrund der 10-Prozent-Regel müssen damit in drei Jahren 400.000 Smart-Meter-Gateways verbaut werden. Danach bleiben weitere fünf Jahre, um die vollen 100 Prozent zu erreichen.
Betroffen vom Pflichteinbau der Smart-Meter-Gateways sind Stromverbraucher mit mindestens 6.000 kWh/Jahr und Einspeiser ab 7 kW Leistung. Für das Bundeswirtschaftsministerium ist damit eine wichtige Grundlage für die Digitalisierung im Energiemarkt geschaffen. "Intelligente Messsysteme sind die Schlüsseltechnologie für die Digitalisierung der Energiewende", so das Ministerium in einem Statement zur Markterklärung.
Erleichterung in der Branche
"Endlich" - so kurz und knapp, und sicherlich stellvertretend für etliche Branchenvertreter, kommentierte Arkadius Jarek, Leiter Messstellenbetrieb der Netze BW, die erfolgte Markterklärung. Die EnBW-Tochter wolle nun im März "als einer der ersten" damit beginnen, 2.000 Pflichteinbaufälle zu tätigen. Ingo Schönberg, Vorstandvorsitzender von PPC, freute sich ebenfalls: "Lange haben wir auf den Tag der Markterklärung hingearbeitet. Als erster Hersteller mit zertifiziertem Gateway konnten wir bereits im letzten Jahr mit einem Großteil der Energieversorger in den Rollout starten", sagte er.
Erleichterung herrscht auch beim VKU: "Ab sofort können Stadtwerke von der Planungs- in die Umsetzungsphase gehen", begrüßte Verbandsvize Michael Wübbels den Startschuss für den Smart-Meter-Rollout. Die Stadtwerke könnten damit endlich smarte Geschäftsmodelle für ihre Kunden auf den Weg bringen, so Wübbels.
Start mit eingeschränkten Möglichkeiten
Mit dem Rollout geht die Energiebranche einen bedeutenden Schritt in Richtung Digitalisierung. Tatsächlich eröffnen die Gateways eine ganze Reihe an Möglichkeiten, die weit über das Vermitteln des Energieverbrauchs hinausgehen. Allerdings ist zum Beginn des Rollouts die Nutzung der Gateways auf einige Basis-Tarifanwendungsfälle (TAF) begrenzt. Für weitere TAFs benötigen die Hersteller Re-Zertifizierungen, PPC beispielsweise erwartet diese zeitnah für die TAFs 9 (Ist-Einspeisung), 10 (Netzzustand) und 14 (Hochaufgelöste Daten).
Dass die Smart-Meter-Gateways zum Start nach Anwendungsfällen differenziert freigegeben werden, zieht Kritik nach sich. "Hier hätten wir uns durchaus ein offensiveres, innovationsfreundlicheres Ergebnis gewünscht, denn technisch ist bereits heute nachweislich viel mehr möglich", sagte etwa Anke Hüneburg, Bereichsleiterin Energie im ZVEI. Das Potenzial, das sich durch die hochsichere Kommunikationsplattform biete, müsse breit nutzbar gemacht werden. Dafür müsse der Prozess schneller und unkomplizierter laufen als bisher, so Hüneburg.
Lange Vorlaufzeit
Die nun erfolgte Markterklärung hat eine lange Vorgeschichte: Bereits im Jahr 2016 wurde mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende die Smart-Meter-Pflicht eingeführt. Vor dem Rollout mussten allerdings mindestens drei Geräte von unterschiedlichen Herstellern einen Zertifizierungsprozess beim BSI erfolgreich durchlaufen, da an die Kommunikation der Gateways besondere Ansprüche in Sachen Datensicherheit und Datenschutz gestellt wurden. Inzwischen haben drei Hersteller eines der begehrten Zertifikate erhalten: PPC, Sagemcom Dr. Neuhaus und EMH Metering. Mit der jüngsten Vergabe im Dezember wurde schließlich die notwendige Voraussetzung für die Markterklärung erfüllt (
energate berichtete). Aktuell befinden sich laut BSI sechs weitere Gateways verschiedener Hersteller im Zertifizierungsprozess.
Branche legt Fokus auf Pflichteinbaufälle
Außerhalb des verpflichtenden Rollouts der intelligenten Messsysteme haben einige Messstellenbetreiber bereits mit dem vereinzelten Einbau solcher Geräte begonnen (
energate berichtete). Denn neben dem Pflichteinbau dürfen auf freiwilliger Basis zertifizierte Smart-Meter-Gateways bei sämtlichen Kunden installiert werden. Der erste zertifizierte Hersteller PPC berichtet aktuell, dass fast 50 Messstellenbetreiber ein Smart-Meter-Gateway des Mannheimer Unternehmens installiert haben. Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, wollte die breite Masse vor einem flächendecken Rollout allerdings erst die Markterklärung abwarten. Das hatte eine energate-Umfrage unter mehreren großen Akteuren kürzlich gezeigt (
energate berichtete). Demnach will die Mehrheit nun vorerst die Zehn-Prozent-Pflichtvorgabe erfüllen. /as