Essen (energate) - Die Brancheninitiative Zukunft Erdgas hat gemeinsam mit dem Stromerzeuger Uniper vor einer Versorgungslücke bei Erdgaskraftwerken gewarnt. "Je mehr Kohle- und Kernkraftwerke wir im Süden abschalten, desto größer wird das Problem", sagte der Uniper-Chef Andreas Schierenbeck in einer Pressekonferenz auf der "E-world". Im nordrhein-westfälischen Scholven plant der Konzern eine Umrüstung des Kohlestandorts auf den Energieträger Gas, "aber nicht in der früheren Größenordnung", schränkte er ein. Auch an anderen Steinkohlestandorten gebe es Planungen für kleiner dimensionierte Anlagen, um die lokale Wärmeversorgung zu gewährleisten. "Das KWKG ist ein nicht besonders attraktiver Business-Case", gab der Uniper-Chef zu Bedenken. Auch auf der Stromseite "sehen wir die Lücke, haben aber nicht genügend Anreize für den Neubau".
EWI-Studie prognostiziert Versorgungslücke
Im Auftrag von Zukunft Erdgas hat das Kölner Forschungsinstitut EWI die Folgen des Kohleausstiegs analysiert. "Rechnen wir das Kohlekraftwerk Datteln heraus, befinden sich nur 1.000 MW im Bau", warnte Simon Schulte, Leiter Gasmärkte beim Institut. Somit steige die Lücke bei der gesicherten Leistung auf bis zu 28.000 MW. Den Back-up-Bedarf im Stromsystem schätzt das EWI anders als eine Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (
energate berichtete) ungleich höher ein: bei 45.000 MW bis 2030.
Das Kölner Institut geht von einer wachsenden Stromnachfrage durch mehr E-Autos und Wärmepumpen aus. Das Problem lasse sich mit Hilfe von Algorithmen "nur dämpfen", betonte Schulte in Essen. Auch die Nachbarschaftshilfe durch Stromimporte sieht das EWI "deutlich konservativer" als das Wirtschaftsministerium. Bei dem Punkt pflichtete auch Uniper-Chef Schierenbeck bei: "Viele der europäischen Länder fahren die Strategie, die letzten zehn Prozent kommen vom Nachbarn. Aber wenn das alle machen, wird es eine Milchmädchenrechnung."
Debatte um Kapazitätsmarkt
Schierenbeck plädierte ebenso wie Zukunft-Erdgas-Vorstand Timm Kehler für die Einführung von Kapazitätsmärkten. "Die Diskussion um unseren Energy-only-Markt müssen wir noch dieses Jahr führen", forderte Kehler in Essen. Vor zehn Jahren hatte die Branche bereits eine breite, aber erfolglose Debatte geführt, letztlich hatte sich das Wirtschaftsministerium aber für den Energy-only-Markt mit zeitweise hohen Arbeitspreisen entschieden.
Bei Kapazitätsausschreibungen könne auch der Einsatz oder die Verträglichkeit von Wasserstoff in Gaskraftwerken Vorschrift werden, führte Kehler auf energate-Nachfrage aus. Uniper-Chef Schierenbeck erläuterte, dass kleinere Turbinen bereits einen Wasserstoffanteil von bis zu 20 Prozent vertragen. Bei großen Turbinen sei dies noch nicht gegeben. Der Erfolg werde hierbei auch von einer konstanten Wasserstoffquote ohne Schwankungen abhängen. Angesprochen auf die Kosten eines deutschen Kapazitätsmarktes beschwichtigte der Uniper-Chef. "Alle um uns herum haben trotz Kapazitätsmärkte niedrigere Strompreise." /mt