Berlin (energate) - Im Streit um die Nutzungsrechte der 450-MHz-Funkfrequenzen drängt die Energiebranche mit einem weiteren Brief auf eine Entscheidung zu eigenen Gunsten. In dem an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) adressierten Schreiben mahnten die Verfasser nun, die Interessen der inneren Sicherheit und der Energiewirtschaft nicht gegeneinander auszuspielen. Vielmehr drohe eine "erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit", sollte die sichere Energie- und Wasserversorgung nicht gewährleistet sein, heißt es in dem Schreiben, dass der Redaktion vorliegt. Verfasst haben es der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
Versorgungsengpass beeinträchtigt Sicherheitsbehörden
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In dem Schreiben heißt es konkret, die Interessen der Energieversorgungsunternehmen stünden den Belangen der inneren Sicherheit nicht entgegen. Dieser Eindruck sei in der Diskussionen erweckt worden, beklagen die Autoren. Nicht zuletzt die Funktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörden sowie die Sicherheit der Bevölkerung wäre ohne funktionierende Energie- und Wasserversorgung massiv beeinträchtigt. Darüber hinaus verweisen die Autoren in dem Schreiben auf die Mobilitätswende und die damit verbundene Notwendigkeit, eine sichere Kommunikation zwischen Ladeinfrastruktur und Stromnetzen herzustellen. Auch hier seien die 450-MHz-Frequenzen "erste Wahl" für eine qualitative Versorgung.
Angesichts der Zunahme an dezentralen Anlagen will die Energiebranche das 450-MHz-Funknetz als Kanal für die künftige Datenkommunikation nutzen (energate berichtete). Der Vorteil zu den bisher angewendeten Technologien, wie Mobilfunk oder Breitband, ist die Versorgungssicherheit auch im Falle eines Stromausfalls.
Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) wie Polizei und Feuerwehr sowie die Bundeswehr haben jedoch ebenfalls ein Auge auf das Funknetz geworfen. Verhandlungen zwischen den beiden Parteien blieben bisher ohne Ergebnis. Bereits Ende 2019 betonte die Energiewirtschaft in einem Brief an die Bundesregierung, dass die Zuteilung der langwelligen 450-MHz-Frequenzen zentral für die Versorgungssicherheit im Energie- und Wassersektor sei (energate berichtete).
Energiebranche plädiert für Mitnutzung
An die BOS richtet die Energiebranche in dem aktuellen Schreiben ein Angebot zur Mitnutzung der Frequenzen. Dies reiche aus, die kurzfristigen Bedarfe der Sicherheitsbehörden zu decken. Das habe auch das Bundesverkehrsministerium in einem Gutachten bestätigt, heißt es in dem Brief. Zur Deckung der mittel- und langfristigen BOS-Bedarfe erwäge die Bundesregierung demnach derzeit eine Zuweisung von Frequenzen im 600-MHz-Bereich, was die Energiebranche "explizit" unterstützt.
Die aktuellen Nutzungsrechte sind noch bis Ende des Jahres vergeben. Angesichts des kleiner werdenden Zeitfensters für eine Ausschreibung hat die Bundesnetzagentur bereits eine Bedarfsermittlung gestartet, deren Ergebnisse nur bei einer politischen Entscheidung für die Energiebranchen relevant werden (energate berichtete).
Enge Frist
Auch in ihrem Brief weisen die Branchenverbände auf die zeitliche Dringlichkeit hin und fordern "schnellstmöglich eine konstruktive Entscheidung zur künftigen Nutzung der Frequenzen" von den beteiligten Ministerien für Verteidigung, Verkehr und Wirtschaft. Zu den insgesamt 13 Unterzeichnern des Briefes zählen unter anderem die die Verbandspräsidenten Michael Ebling (VKU) und Marie-Luise Wolff (BDEW) sowie die Unternehmensvorstände Johannes Teyssen (Eon), Frank Mastiaux (EnBW), Dieter Steinkamp (Rheinenergie) und Stefan Dohler (EWE). /nl