Berlin (energate) - Die Bundesregierung will während der Coronakrise Abschaltungen von Strom oder Gas aufgrund versäumter Zahlungspflichten aussetzen. Diese Maßnahme ist Teil eines Gesetzespaketes, das zum Beispiel auch den Kündigungsschutz von Mietern stärkt und das der Bundestag am 25. März beschließen soll. Erste Stimmen aus der Energiewirtschaft sehen dies kritisch.
Drei Monate Aufschub
Danach können Verbraucher und Kleinstunternehmen bei Dauerschuldverhältnissen wie Energielieferungen ihre Rechnungen später bezahlen. Können sie ihren Zahlungspflichten krisenbedingt nicht nachkommen, erhalten sie laut Entwurf einen Aufschub von drei Monaten. Das soll die kontinuierliche Versorgung etwa mit Strom, Gas, Telekommunikation und Wasser sicherstellen. Dieses Moratorium ist zunächst bis zum 30. Juni befristet. Doppelte Zahlungen schließt der Gesetzgeber zunächst aus: Der Kunde soll nach Ablauf der Frist zunächst nur jeweils eine Monatsrate bezahlen müssen.
"Bei der Versorgung mit wichtigen Grundleistungen wie Telefon und Internet oder Wasser und Strom darf es keine Unterbrechungen geben", argumentierte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Unternehmen müssten ihren Kunden nun deutlich mehr Zeit für die Zahlungen geben. Denn laufende Verbindlichkeiten könnten schnell existenzbedrohend werden, wenn Einkünfte fehlen, so Lambrecht.
Branche besorgt
Erste Stimmen aus der Energiewirtschaft kritisierten den Entwurf. So macht Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (BNE), darin Unschärfen aus. Etwa müssten Versorger weiterhin staatliche Abgaben und Umlagen abführen, auch wenn Endkunden ihre Stromrechnung nicht bezahlen. "Der Stromversorger wird hier der Puffer zwischen Kunden und Staat", meint Busch. Gleiches gelte für die Netzentgelte. Dadurch leiste nur der wettbewerbliche Teil der Energiewirtschaft einen Beitrag zur Abfederung der Krise, nicht aber die Netzbetreiber. Der BNE-Chef fordert, in der Folge den Ausfall auch unter Beteiligung der öffentlichen Hand so zu verteilen, dass nicht alle Ausfälle dauerhaft bei den EVU hängen blieben.
Auch der VKU bemängelt das Fehlen einer gesonderten Regelung für die Versorgungswirtschaft: "Es muss sichergestellt werden, dass diese Rechte zu einem Zahlungsaufschub nicht die Leistungsfähigkeit der Unternehmen der Energie- und Wasserversorgung beeinträchtigen", so der stellvertretende VKU-Hauptgeschäftsführer Michael Wübbels. Wenn nötig, müssten hier staatliche Flankierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht werden, um die Zahlungsfähigkeit der Energieversorger gegenüber ihren Vorlieferanten sicherzustellen. Er verweist zudem auf eine kürzlich durchgeführte "Schnellabfrage" unter VKU-Mitgliedsunternehmen. Diese habe gezeigt, dass bei Zahlungsrückständen gegenwärtig "fast ausnahmslos" schon keine Unterbrechungen der Strom-, Gas- und Wasserversorgung in Privathaushalten mehr vorgenommen würden, so Wübbels.
Um die Coronakrise finanziell abzufedern, hat das Kabinett außerdem einen milliardenschweren Rettungsschirm beschlossen: bis zu 600 Mrd. Euro für größere Unternehmen und bis zu 50 Mrd. Euro für kleinere. Dafür nimmt Deutschland 156 Mrd. Euro neue Schulden in Kauf (
energate berichtete). /dz