Berlin (energate) - Geschlossene Grenzen, besondere Hygienevorschriften, abgesagte Genehmigungsverfahren: Der Coronavirus hemmt den Ausbau der Stromleitungen zunehmend. energate hat sich bei den Übertragungsnetzbetreibern umgehört.
Schon vor Beginn der Coronaepidemie in Europa lief der Netzausbau hierzulande schleppend. Erst ein kleiner Teil der geplanten 7.600 Kilometern an neuen Übertragungsnetzen von Nord nach Süd ist fertig gestellt. Kabel werden aktuell zwar weiter verlegt, aber auf den Baustellen läuft nichts mehr so wie vor Ausbruch der Coronakrise. "Wir überprüfen täglich, inwieweit die Voraussetzungen für geordnete und sichere Bauarbeiten gegeben sind und passen unsere Entscheidungen bei Bedarf an", sagte etwa eine Sprecherin des Übertragungsnetzbetreibers Transnet BW auf energate-Nachfrage. Es werde streng auf die Einhaltung von Verhaltensregeln geachtet, um gesundheitliche Risiken zu vermeiden. Erste Veränderungen durch die Maßnahmen zur Einschränkung des Coronavirus spürt der Infrastrukturbetreiber bereits in einzelnen Projekten, etwa dadurch, dass Personen aus dem europäischen Ausland nicht anreisen können.
Weiterbau trotz erster Engpässe
Auch bei Amprion laufen die Netzausbauprojekte aktuell noch weiter, allerdings verzeichnet das Unternehmen bei einzelnen Vorhaben ebenfalls Engpässe, hieß es auf Anfrage. Mit dem Fortgang der Arbeiten will der Netzbetreiber nach eigenen Angaben auch ein Stück Stabilität für die lokalen Partner erzeugen. "Dabei unternehmen wir selbstverständlich alles Notwendige zum Schutz der Gesundheit der Kollegen auf den Baustellen", so das Unternehmen.
Von 50 Hertz war zuletzt ebenfalls zu hören, dass der Baustellenbetrieb weitergehe. Unternehmenschef Stefan Kapferer hatte Ende März im Interview mit
energate allerdings betont, dass er nicht ausschließen könne, "dass es in den kommenden Wochen noch Veränderungen geben wird". Bereits jetzt sind Lieferketten aus dem europäischen Ausland beeinträchtigt. "Das gilt etwa für Trafos, die wir aus Italien bekommen. Da wird es sicher Verzögerungen geben", sagte Kapferer.
Bundesnetzagentur sagt Termine ab
Zu einem Engpass könnten sich Genehmigungsprozesse für einzelne Ausbauschritte entwickeln, bei denen etwa Anhörungen oder persönliche Termine vorgesehen sind. Aktuell ist dies wegen der geltenden Kontaktsperre nicht möglich. So hat die Bundesnetzagentur eine vorgesehene Antragskonferenz für die Netzanbindung Südharz von 50 Hertz Ende März abgesagt. Tennet, der vierte deutsche Übertragungsnetzbetreiber, rechnet ebenfalls damit, dass abgesagte Behördentermine den Netzausbau weiter verlangsamen, wie Vorstand Tim Meyerjürgens, gegenüber der "DPA" erklärte.
Neben den amtlichen Verfahren leidet auch der Dialog vor Ort, mit dem Übertragungsnetzbetreiber über die geplanten Trassen informieren. "Die aktuelle Situation erfordert es, dass wir alle Dialogveranstaltungen zu unseren Netzbauprojekten absagen müssen", hieß es von Transnet BW. Aktuell arbeitet das Unternehmen an digitalen Beteiligungs- und Informationsmöglichkeiten. Bis es soweit ist, können Interessierte per Hotline oder E-Mail Kontakt aufnehmen. Auch 50 Hertz setzt auf digitalen Dialog. Bei der geplanten HGÜ-Leitung "Suedostlink" werde die Bürgerbeteiligung im Vorfeld der offiziellen Verfahren auf einen Online-Dialog umgestellt, betonte Vorstandchef Kapferer. /kw