Betreiber deutscher Gaskraftwerke dürften zu den Gewinnern der Krise zählen. (Foto: Siemens)
Berlin (energate) - Auch bei einem milden Verlauf der Coronakrise werden sich die europäischen Strompreise frühestens ab dem kommenden Jahr wieder erholen und erst ab 2022 auf das Niveau von vor der Krise zurückkehren. Zu diesem Ergebnis kommt eine acht europäische Länder umfassende Studie von Aurora Energy Research. Bislang seien die europäischen Strompreise durchschnittlich um 30 bis 40 Prozent gesunken. Im schlimmsten Fall einer weltweiten Depression bräuchten die Preise mindestens bis 2025 zur Erholung. Dieses Szenario betrachten die Autoren aber selbst als unwahrscheinlich, sie halten eine rasche Beendigung der Restriktionen am wahrscheinlichsten. Die größten Auswirkungen auf den Strommarkt habe die Dauer des Lockdowns - erst zwei bis fünf Jahre nach dessen Beendigung werde die Wirtschaft wieder auf den Stand von vor der Krise zurückkehren.
Preis sinkt in Deutschland stärker als Verbrauch
Im Vorjahresvergleich fiel der Stromverbrauch in Italien um bis zu 26 Prozent, in den Niederlanden um bis zu 23 Prozent. Von den untersuchten Ländern ist Deutschland mit einem Rückgang von acht Prozent somit bislang am wenigsten betroffen. Der deutsche Stromhandelspreis sank indes deutlich stärker als der Verbrauch. So notierte der Day-Ahead in Deutschland Mitte April 41 Prozent unter Vorjahresniveau. Noch stärker fiel der Preis nur in Frankreich. Im Falle einer schweren Depression rechnet Aurora damit, dass die Preise auch im Jahr 2025 noch um 22 Prozent unter dem Niveau liegen werden, das sie ohne die Krise erreicht hätten.
Schon heute produzieren die Kohlekraftwerke weniger Strom wegen der geringeren Nachfrage. Aufgrund der geringen Gaspreise werde voraussichtlich zukünftig mehr Strom in Gaskraftwerken erzeugt, prognostiziert Aurora. Gleichzeitig bedeutet der niedrige Gaspreis, dass in Ländern mit einem hohen Anteil dieser Erzeugungsart die Strompreise besonders stark sinken dürfen - etwa in den Niederlanden, Irland oder Spanien. Dies wirke sich negativ auf die Rentabilität der Gaskraftwerke in diesen Ländern aus.
Hartes Los für subventionsfreie Erneuerbare
Besonders hart treffen die niedrigeren Preise Erneuerbaren-Energien-Anlagen, die ohne EEG-Umlage auskommen müssen. Ihre Einnahmen sinken um bis zu 50 Prozent. Selbst im günstigsten Fall - der Lockdown ist Anfang des dritten Quartals beendet - müssen Betreiber von deutschen Onshore-Windkraftanlagen ohne EEG-Vergütung mit einem Rückgang von 17 Prozent in diesem und im kommenden Jahr rechnen, bei Solaranlagen sind es minus 23 Prozent.
Für die Netzbetreiber ist der geringere Energieverbrauch ebenfalls eine Herausforderung. Denn dadurch steige automatisch der Anteil erneuerbarer und damit fluktuierender Energie, erläutert Aurora. Damit erhöht sich beispielsweise auch der Bedarf an Regelenergie und Frequenzhaltungsdienstleistungen an. /sd
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