Berlin (energate) - Aus Sicht der Energiewirtschaft müssen Konjunkturprogramme nach dem Corona-Lockdown starke Impulse für den Klimaschutz liefern. "Klimaschutz kommt mit Innovationen zusammen, Innovationen heißen Wachstum", betonte EWE-Vorstandschef Stefan Dohler beim 1. energate-Webtalk am 19. Mai. Dabei gelte es auch, Bremsen für den Ausbau der Erneuerbaren und der Digitalisierung in der Energiebranche zu lösen. Auch Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende, zeigte sich überzeugt: Das geplante Konjunkturprogramm der Bundesregierung sei eine große Chance, Finanzmittel in Richtung Klimaschutz zu lenken. Fehlinvestitionen, also Investitionen in alte Technologien, hingegen könnten "der Keim für die nächste Wirtschaftskrise sein", warnte er.
Wasserstoff-Farbe bleibt Streitthema
Thomas Bareiß (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, trat hingegen ein wenig auf die Bremse. So sieht er die die Verschärfung der europäischen Klimaziele für das Jahr 2030, wie von der EU-Kommission gefordert und von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) befürwortet (
energate berichtete), mit Skepsis. Zusätzliche Klimavorgaben würden die ohnehin angeschlagene Wirtschaft weiter belasten. "Wir müssen uns überlegen, ob wir solche Ziele in dieser schwierigen Zeit erreichen können", sagte Bareiß. Klar sei, dass eine Erhöhung der Ziele nur bei einer Neuverhandlung der Einsparungen für die einzelnen EU-Staaten möglich sei.
Der Schlüssel zur Energiewende in den Jahren nach der Pandemie ist laut Bareiß Wasserstoff. Langfristig müsse grüner Wasserstoff das Ziel sein, als Übergang könnten jedoch auch andere Wasserstoff-Arten dienen. Damit sprach der Politiker ein bestehendes Streitthema in der Koalition an. Während etwa Wirtschaftspolitiker der Union Wasserstoff auch auf Basis von Erdgas nutzen wollen, herrscht vom Bundesumweltministerium diesbezüglich Ablehnung (
energate berichtete).
Mehr Kaufkraft durch niedrige EEG-Umlage
Wirtschaftsstaatssekretär Bareiß plädierte außerdem auch für die Verwendung von Wasserstoff im PKW-Bereich, um Deutschland als Automobilnation in der ganzen technologischen Breite zu stärken. Agora-Direktor Patrick Graichen hingegen sprach sich dafür aus, Wasserstoff für andere Sektoren wie der Industrie vorzubehalten. Das Thema Brennstoffzelle im PKW sei erledigt, so Graichen, der sich klar für die Ausweitung der E-Mobilität aussprach.
Als weitere Konjunkturmaßnahme diskutierten die Webtalk-Teilnehmer das Thema EEG-Umlage. Der Vorschlag von Patrick Graichen: Eine Senkung der Umlage um 5 Cent/kWh. Der Agora-Direktor verspricht sich von den dann günstigeren Strompreisen eine stärkere Kaufkraft und mehr Investitionen durch Unternehmen. Staatssekretär Bareiß befürworte ebenfalls eine "Stabilisierung der EEG-Umlage". Eine Finanzierung über den Haushalt sieht er allerdings skeptisch angesichts der zu erwartenden Milliardenbelastung. EWE-Chef Dohler schloss hingegen nicht aus, dass die EEG-Umlage ganz aus dem Bundeshaushalt finanziert werden könnte. /nl
Hier sehen Sie das Video zum 1. energate-Webtalk.