Bonn (energate) - Die Bundesnetzagentur plant eine Öffnung der Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Fahrer von E-Autos sollen in Zukunft an öffentlichen Säulen zu den Vertragskonditionen ihres Anbieters laden können. Um das umzusetzen, hat die Behörde am 10. Juni ein Konsultationsverfahren eingeleitet. Im Zuge dessen hat sie beispielsweise einen möglichen "Netznutzungsvertrag zur Ermöglichung des bilanziellen Netzzugangs an Ladepunkten für Elektromobile" sowie weitere Dokumente in Konsultationsfassung zur Einsicht
online gestellt. Zuerst hatte "Der Spiegel" darüber berichtet und unter anderem das aktuelle "Wirrwarr aus Apps und Zahlungssystemen" kritisiert.
"Echter bilanzieller Lieferantenwechsel" angestrebt
In ihrer Begründung zum Verfahren schreibt die Bundesnetzagentur, der neu festzulegende Netznutzungsvertrag für Elektromobilität soll erstmals die Möglichkeit eines echten bilanziellen Lieferantenwechsels an Ladepunkten eröffnen. Denn dem könne "im derzeitigen Umfeld technisch nicht nachgekommen werden", so die Behörde. Sie plant daher, Übergabestellen zwischen dem örtlichen Verteilnetz und einer Ladesäule oder auch einem mobilen Ladekabelsystem mit eingebautem Zähler als Netzkopplungspunkte zu definieren.
Weiter soll ein Betreiber von Ladesäulen verantwortlich für ein virtuelles Bilanzierungsgebiet werden und das - in Analogie zu einem physischen Verteilnetzbetreiber - verwalten. Dazu gehöre, die von den Nutzern eines Elektromobils bezogenen Energiemengen auf Summenzeitreihen zur weiteren Verarbeitung im Rahmen der Bilanzkreisabrechnung bereitzustellen.
Bundesnetzagentur: Keine Verpflichtung
Betreiber von Ladeinfrastruktur sind ganz überwiegend Stadtwerke und Energieversorger. Der Ökostromanbieter Lichtblick, der bereits in der Vergangenheit den "Tarifdschungel" beim Ladestrom kritisiert hatte (
energate berichtete), sieht in dem Vorstoß einen "Meilenstein für die Elektromobilität." Endlich werde der Weg frei für "echten Wettbewerb, faire Preise und Transparenz an der Ladesäule", so Lichtblick.
Die Bundesnetzagentur erklärte dagegen auf Nachfrage, nur die technischen Voraussetzungen zu schaffen, wenn "Anbieter freiwillig eine Auswahl des Lieferanten ermöglichen" wollen. "Die Bundesnetzagentur hat rechtlich keine Handhabe, Betreiber von Ladesäulen zu Wettbewerb zu verpflichten", so ein Sprecher der Behörde.
BDEW verweist auf Roaming
Auch Interessenvertretungen der Energiewirtschaft stellten auf energate-Anfrage klar, dass die Bundesnetzagentur lediglich die Möglichkeit einer Öffnung von Ladeinfrastruktur entwickeln will. "Dafür würde es auch an einer Rechtsgrundlage fehlen, denn der Ladepunktbetrieb ist wettbewerblich organisiert und gerade nicht Teil des Netzbetriebs", so der BDEW. Der Verband verweist zudem darauf, dass E-Autofahrer via Roaming schon seit langem an unterschiedlichen Ladepunkten in ganz Deutschland auf der Grundlage eines mit einem Wunschpartner geschlossenen Vertrages Fahrstrom laden könnten.
Ein VKU-Sprecher betonte, dass die Kommunalwirtschaft beim Ladenetzausbau schon in erhebliche Vorleistungen gegangen sei. Jede zweite Ladesäule befinde sich in kommunaler Hand, so der Sprecher. Vielfach sei der Betrieb jedoch aktuell nicht wirtschaftlich. Es komme daher darauf an, dass der weitere Ladeinfrastrukturausbau "auf Basis funktionierender Geschäftsmodelle" vorangehen muss. "Das Modell bilanzieller Durchleitung ist dabei ein Ansatz unter vielen."
Stellungnahmen nimmt die Bundesnetzagentur bis einschließlich 22. Juli entgegen. Bis zum April des kommenden Jahres will die Behörde die angestrebten Änderungen umsetzen. /dz