Wien (energate) - Energiegemeinschaften sollen laut E-Control in der Energiewende eine wichtige Rolle spielen. Sie seien ein wesentliches Instrument des künftigen Strommarktes, so die Regulierungsbehörde. Mit eigenen Photovoltaikanlagen und Stromspeichern wandelten sich die Konsumenten zu sogenannten Prosumern. "Die gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen lösen inzwischen eine wahre Euphorie aus und schüren hohe Erwartungen in den Ausbau von Erneuerbaren gerade im urbanen Bereich", sagte Vorstand Wolfgang Urbantschitsch bei einem Hintergrundgespräch in Wien. Allerdings verwies er auch darauf, dass noch enorme Hürden warten, bis Energiegemeinschaften "tatsächlich zu einem Massenphänomen werden können". Diese sieht er beispielsweise im Energie- und Eigentumsrecht, aber auch bei Fragen zur Wirtschaftlichkeit und vor allem bei der Kostenverursachungsgerechtigkeit.
Zwei Arten von Energiegemeinschaften
Beim Energierecht sind Änderungen des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (Elwog) geplant, mit denen jedoch nach Einschätzung der E-Control 2020 nicht mehr zu rechnen sein wird (energate berichtete). Zeitgleich arbeitet das Umweltministerium an einer Überführung der EU-Vorlage "Clean Energy Package" in nationales Recht, die auch den Energiegemeinschaften eine wichtige Rolle einräumen soll. Es sei wichtig, zwei Arten von Energiegemeinschaften zu unterscheiden: Erneuerbarengemeinschaften (Renewable Energy Communities, REC), die neben Strom auch Wärme, Kälte und Biomasse umfassen können und sich räumlich einschränken. Die andere Art sind Bürgerenergiegemeinschaften (Citizen Energy Communities, CEC), die sich auf Strom konzentrieren und räumlich nicht beschränkt seien. Diesen Gruppierungen können neben Anlagen auch Pooling, Ladestationen und sogar dem Netzbetrieb zugeordnet werden.
Beiden Arten gemeinsam sei, dass viele Bestimmungen noch nicht geklärt seien, so die E-Control. "Organisation, Verwaltung und Administration bedeuten einen beträchtlichen Aufwand. Auch darf man sich unter den aktuellen Rahmenbedingungen von Energiegemeinschaften keine großen wirtschaftlichen Vorteile erwarten. Anders gesagt: Man wird bei der Stromrechnung kaum sparen können", so Urbantschitsch.
Konkrete Vorschläge bei den Netztarifen
Was die Kostenverursachergerechtigkeit angeht, so wartet die Regulierungsbehörde mit einer Reihe konkreter Vorschläge auf. Harald Proidl, Leiter der Abteilung Ökoenergie und Energieeffizienz, schlägt einen Anreiz über die Netztarife vor: Gemeinschaften könnten für die Nutzung des öffentlichen Netzes auf der Niederspannungsebene (NE 6 und 7) lediglich die Kosten der Niederspannungsebene verrechnet werden und die Kosten des vorgelagerten Netzes nicht. Dies könnte auch für NE-6-Kunden gelten, die eine Transformatorstation angeschlossen haben. "Das würde die Netzentgelte für die in der Erneuerbarengemeinschaft auf der Niederspannungsebene erzeugte, verteilte und konsumierte Energie durchschnittlich um 62 Prozent reduzieren, während der errechnete Abschlag mit Einbeziehung der Kosten der Netzebene 6 lediglich 48 Prozent wäre", rechnete Proidl vor.
Einheitlicher Ortsnetztarif für ganz Österreich
Weiters schlägt die E-Control vor, die Ortsnetztarife österreichweit zu harmonisieren. Zuletzt gab es auch von anderer Seite Kritik an den ungleichen Tarifen, etwa vom Kärntner Rechnungshof (energate berichtete). Eine Harmonisierung würde zumindest für Erneuerbarengemeinschaften "die gleichen tariflichen Voraussetzungen im gesamten Bundesgebiet schaffen", heißt es bei der E-Control. Deshalb soll im "Ortsnetztarif" nur die Arbeitskomponente verrechnet werden, so die Behörde. "Die Bildung einer Ortsnetz-Leistungskomponente wäre zwar möglich, würde jedoch die Verrechnung kompliziert und intransparent machen", erklärte Proidl weiter.
Durch die Anwendung eines Abschlages auf das verordnete Entgelt wäre demnach gewährleistet, dass die Kunden der unterschiedlichen Netzebenen auch nur jenen Anteil zu tragen haben, der für diese Kunden relevant sei. Das heißt, ein Kunde der Netzebene 6 zahle entsprechend weniger als ein Kunde der Netzebene 7. E-Control-Chef Urbantschitsch betonte: "Es ist hier auch wichtig anzumerken, dass die Vorteile von Energiegemeinschaften durch das restliche Kundenkollektiv ausgeglichen werden müssen." /Peter Martens