Wien (energate) - Der Rechnungshof (RH) kritisiert die bestehenden Maßnahmen gegen Energiearmut. Zwar setze Österreich bereits auf Maßnahmen wie Akuthilfen, Grundversorgung und Abschaltschutz. Doch seien diese nicht speziell auf schutzbedürftige Personen und von Energiearmut Betroffene ausgerichtet, moniert der RH in einem aktuellen Bericht. Zudem stellten die Prüfer fest, dass während des Untersuchungszeitraums von 2013 bis 2018 im zuständigen Ministerium keinerlei Evaluierung in Bezug auf die Wirksamkeit der bisherigen energierechtlichen Maßnahmen gegen Energiearmut stattgefunden habe.
Der Rechnungshof empfiehlt dem Klimaministerium daher, die bisherigen energierechtlichen Maßnahmen gegen Energiearmut auf ihre Treffsicherheit, Angemessenheit und Wirkung hin zu evaluieren. So müsse unter anderem die Ökostrombefreiung auf ihre Auswirkungen hin überprüft werden, empfiehlt der RH. Die Behörde hält das Konzept ohnehin für wenig geeignet, um einkommensschwache Haushalte effektiv zu entlasten.
"Energie- und Klimaplan unkonkret"
Auch kritisiert der RH, dass im integrierten nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) die Maßnahmen zur Vermeidung von Energiearmut zu wenig konkret festgelegt wurden. Hier bräuchte es zum Beispiel eine klare Definition des Begriffs Energiearmut, klare Maßnahmen und Ziele, um diese zu verringern oder sie präventiv zu verhindern, sowie Etappenpläne zur Umsetzung der genannten Schritte. Im Rahmen einer Gesamtstrategie zur Vermeidung und Verringerung von Energiearmut müssten insbesondere nachhaltige Lösungen wie die Finanzierung von Wohnraumsanierungen und die Leistbarkeit von saniertem Wohnraum entwickelt werden, so der RH.
Auch Energieversorger evaluieren nicht
Ähnliche Empfehlungen hat der Rechnungshof auch für die untersuchten städtischen Energieversorger aus Graz, Wels und Wien. Diese böten zwar einmalige finanzielle Unterstützungen und langfristige Betreuung für betroffene Kunden an und würden auch mit städtischen Sozialeinrichtungen kooperieren, jedoch würden auch sie keine Evaluierung der Maßnahmen vornehmen, beklagt der RH. Gerade aber die Auskünfte der Kooperationspartner über die Maßnahmen zur Beseitigung von Energiearmut seien es, die wertvolle Erkenntnisse über die Wirksamkeit und die Nachhaltigkeit in diesem Bereich liefern könnten.
Arbeiterkammer fordert Energiehilfsfonds
Die Arbeiterkammer (AK) schlägt angesichts des RH-Berichts und der in diesem Jahr verschärften Bedingungen aufgrund der Coronakrise einen Energie- und Klimahilfsfonds vor, um betroffene Haushalte bei der Zahlung der Energierechnung zu unterstützen und ihnen eine sichere Energieversorgung zu ermöglichen. Gerade im Herbst steige die Anzahl jener Personen, die mit Zahlungsschwierigkeiten und damit einhergehenden Energieabschaltungen konfrontiert sind, heißt es von der AK. Zudem sei die freiwillige Branchenvereinbarung der Energiewirtschaft zum Aufschub der Bezahlung von Energierechnungen mit Ende Juni ausgelaufen, heißt es weiter. Einer Zuspitzung der finanziellen Situation von einkommensschwachen Haushalten und drohenden Abschaltungen könne mit dem Hilfsfonds entgegengewirkt werden, meint AK-Energieexpertin Sandra Matzinger. /Alexander Fuchssteiner