Berlin (energate) - Eine mögliche Öffnung der E-Auto-Ladeinfrastruktur für alle Wettbewerber bleibt weiter umstritten. In einer gemeinsamen Stellungnahme von BDEW und VKU an die Bundesnetzagentur, die energate vorliegt, sehen die beiden Verbände noch "erheblichen Klärungsbedarf". Wie sich der Wettbewerb zwischen Stromlieferanten direkt an der Ladesäule entwickeln kann, lotet die Netzagentur derzeit aus. Marktteilnehmer hatten bis zum 22. Juli die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme (energate berichtete).
Eine große Befürchtung der Ladesäulenbetreiber ist, dazu verpflichtet zu werden, dass der Stromlieferant an ihren Säulen frei wählbar ist. In ihrer Stellungnahme unterstreichen BDEW und VKU daher ihre Forderung nach Freiwilligkeit und fordern, dass die Netzagentur "ausdrücklich und prominent klarstellt, dass sich eine Verpflichtung zum Vertragsschluss nur für den Netzbetreiber ergibt. Für den Ladepunktbetreiber stellt er eine Option dar. Er kann frei entscheiden, ob er diesen Vertrag schließt".
Die Netzagentur hatte unter anderem einen möglichen "Netznutzungsvertrag zur Ermöglichung des bilanziellen Netzzugangs an Ladepunkten" zur Konsultation gestellt. Besonders kritisch daran ist aus Sicht von BDEW und VKU etwa, dass der Vertragsentwurf das dahinterstehende Konzept "nicht widerspruchsfrei" erkennen lasse. Zudem würden Begriffe verwendet, "die weder im EnWG noch in den Festlegungen noch im Vertrag selbst definiert sind oder die zu Missverständnissen führen", ein Beispiel sei 'Netzkopplungspunkt'.
Bundesnetzagentur will Auswahl ermöglichen
Die Bundesnetzagentur hatte auf eine frühere energate-Anfrage hin betont, lediglich die technischen Voraussetzungen dafür schaffen zu wollen, "freiwillig eine Auswahl des Lieferanten zu ermöglichen." Auch BDEW und VKU hatten den Punkt damals schon hervorgehoben. Bestätigt wird dies auch durch den Wortlaut in dem aktuellen Vertragsentwurf. Entwürfe können sich jedoch noch ändern. Befürworter wie der Ökostromanbieter Lichtblick hatten zuvor erklärt, endlich werde der Weg frei für "echten Wettbewerb, faire Preise und Transparenz an der Ladesäule."
Das Bundeswirtschaftsministerium wollte mit Blick auf das laufende Verfahren der Bundesnetzagentur auf Nachfrage keine Stellung beziehen. Aber: Dieses habe zum Ziel, die Automatisierung und Digitalisierung bei der Netznutzungsabwicklung voranzutreiben, so eine Sprecherin. Damit solle "bei allen partizipierenden Akteuren die Effizienz und auch die Abwicklungsgeschwindigkeit" erhöht werden.
Neues Marktdesign "zerstört" Erreichtes
Steffen Walcher, Geschäftsführer des Ladedienstleisters Smartlab, hat sich in einem energate-Gastkommentar jüngst kritisch zu dem Verfahren geäußert. Das Unternehmen betreibt das Roaming-Netzwerk Ladenetz.de mit nach eigenen Angaben 200 Stadtwerken als Partner. Laut Walcher setzt sich nach anfänglichen Schwierigkeiten Roaming immer mehr durch. Ein neues Marktdesign werde diesen Erfolg allerdings zerstören.
Dass via Roaming bereits heute Nutzer öffentlicher Ladepunkte ihren Vertragspartner frei wählen könnten, betonen auch BDEW und VKU. Darüber hinaus verweisen sie darauf, dass ein Betreiber mehrerer Ladepunkte im energiewirtschaftlichen Sinn kein Netzbetreiber sei. Damit heben sie auf den Vorschlag der Netzagentur ab, Ladepunktbetreiber für ein "virtuelles Bilanzierungsgebiet" verantwortlich zu machen - in Analogie zu einem physischen Verteilnetzbetreiber.
Workshop statt Änderungsvorschläge
Der vorliegende Vertragsentwurf weist aus Verbandssicht insgesamt derart viele Unklarheiten auf, dass diese zunächst "beispielsweise in einem gemeinsamen Workshop unter Beteiligung von Vertretern aus den Bereichen Mobilität, Netz, Recht und Marktkommunikation" geklärt werden müssten.
Wann die Netzagentur die eingegangenen Stellungnahmen öffentlich machen wird, ist offen. Klar ist nur, dass die neuen Regelungen ab April 2021 gelten sollen. Der Bundesverband E-Mobilität (BEM) hat seine Kernforderungen bereits mitgeteilt: So fordert der BEM, den Bau von Ladeinfrastruktur vollständig in die Hände der Netzbetreiber zu legen und zur Finanzierung eine neue Netzentgeltumlage einzuführen (energate berichtete). /dz