Essen (energate) - Der Energiekonzern Steag will mit einem Eilantrag eine Erhöhung der abzuschaltenden Erzeugungsleistung in der für September geplanten ersten Ausschreibung für die Steinkohle erreichen. Das Unternehmen hofft zudem auf höhere Entschädigungen. Am 29. Juli war bekannt geworden, dass die Steag sich rechtlich gegen die Kohleausstiegspläne wehrt (energate berichtete). Dazu reichte das Unternehmen am 30. Juli einen Antrag auf Eilrechtsschutz beim Bundesverfassungsgericht ein.
Das von der Bundesregierung Anfang Juli verabschiedete Kohleausstiegsgesetz stelle einen unzulässigen Eingriff "in unser durch das Grundgesetz sowie die Grundrechtecharta der EU geschütztes Recht auf Eigentum" dar, erklärte der Vorsitzende der Steag-Geschäftsführung, Joachim Rumstadt. Hintergrund ist, dass Steinkohlebetreiber in Ausschreibungen um Abschaltprämien buhlen müssen, also nicht wie die Braunkohlebetreiber feste Entschädigungen erhalten. Das Ausschreibesystem läuft bis 2027, dann werden Steinkohlekraftwerke ohne Entschädigung abgeschaltet.
Die vorgesehenen Höchstpreise in den Auktionen hält das Essener Unternehmen für zu niedrig. Da diese von Runde zu Runde absinken, will die Steag mit dem Eilantrag erreichen, dass das Volumen an abzuschaltender Kraftwerksleistung aus der Steinkohle in der ersten Ausschreibungsrunde um 20 Prozent erhöht wird. Hier liegt der festgesetzte Höchstpreis bei 165.000 Euro pro MW. Ausgeschrieben werden sollen 4.000 MW. Laut Gesetz muss die Bundesnetzagentur vier Wochen vor dem Gebotstermin das Volumen der Ausschreibung bekanntgeben, also bereits am 1. August. Ob eine Erhöhung der abzuschaltenden Menge um weitere 800 MW einfach so möglich ist, ist unklar. Denn auch die Übertragungsnetzbetreiber haben hier ein Wort mitzureden, damit die Versorgungssicherheit gewährleistet bleibt.
Verfassungsbeschwerde soll folgen
Nach dem Willen der Steag soll das Bundesverfassungsgericht die Höhe der Zuschläge in den Auktionen als vorläufig einstufen. Die Angemessenheit der Prämien soll dann im eigentlichen Klageverfahren überprüft werden. Das Unternehmen will dazu später eine Verfassungsbeschwerde gegen das Kohleausstiegsgesetz einreichen. Da die Bundesregierung den Rechtsschutz vor Zivil- und Verwaltungsgerichten mit dem Gesetz beschnitten habe, bleibe keine andere Möglichkeit, teilte die Steag mit. Das Inkrafttreten des Gesetzes an sich will das Unternehmen aber nicht blockieren, hieß es aus Essen.
Ob auch andere Betreiber von Steinkohleanlagen gegen die Abschaltpläne vorgehen, ist noch offen. In einem Interview mit energate hatte Vattenfall-Deutschlandchef Tuomo Hatakka sich vor einigen Monaten zur Möglichkeit einer entschädigungslosen Stilllegung von Kraftwerken geäußert: "Willkürliche Eingriffe in das Eigentum von Unternehmen passen dazu nach meiner Auffassung nicht. Das haben wir bei der Abschaltung der Kernkraftwerke ja schon deutlich gemacht." Vor fast zehn Jahren hatte das Unternehmen erfolgreich gegen das vorzeitige Abschalten seiner Atomkraftwerke in Deutschland geklagt. /kw