Amsterdam (energate) - Der Öl- und Gaskonzern Shell und der Energieversorger Eneco dürfen gemeinsam den dritten subventionsfreien Offshore-Windpark in den Niederlanden bauen. Der Zuschlag der niederländischen Regierung für das 759-MW Projekt namens Hollandse Kust Noord sieht vor, dass die 69 Turbinen im Jahr 2023 in Betrieb gehen müssen. Beim Rennen um den Bau des benachbarten Windparks Hollandse Kust Zuid hatten Shell und Eneco im Vorjahr gegen den Energiekonzern Vattenfall verloren (energate berichtete). Dieses Mal nahmen die Schweden nicht teil. Der einzige Mitbewerber für den Bau von Hollandse Kust Noord war nach Angaben der zuständigen niederländischen Behörde der dänische Konzern Ørsted. Da bei einer förderfreien Ausschreibung keine Gebotspreise zählen, bewertete eine Kommission mithilfe unabhängiger Experten andere Faktoren wie die Finanzkraft, Risikoprofil und das Vermarktungskonzept der Bewerber.
Grüner Wasserstoff und intelligente Systemintegration
Shell und Eneco haben für den Bau des Windparks durch ihr Joint Venture Crosswind bereits die finalen Investitionsentscheidungen getroffen. Die 11-MW Turbinen des Herstellers Siemens Gamesa, die gut 18 Kilometer vor der niederländischen Küste errichtet werden, sollen pro Jahr mindestens 3,3 Mrd. kWh Strom erzeugen. Das entspricht rechnerisch der Versorgung von rund einer Mio. Haushalte. Das Konzept von Crosswind sieht zudem den Bau von Batterien und später die Produktion von grünem Wasserstoff zur Langfristspeicherung vor. Auch die intelligente Ausrichtung der Turbinen, um negative Effekte untereinander bei der Windausbeute zu minimieren, sowie eine schwimmende Solaranlage sind in Planung. "Dieser Windpark ist ein wesentlicher Bestandteil unserer neuen Wertschöpfungskette - von Wind zu Wasserstoff - mit dem Ziel, in Rotterdam und mit NortH2 eine grüne Wasserstoffinfrastruktur zu errichten", sagte Maarten Wetselaar, Direktor von Shell Integrated Gas and New Energies. Im Rotterdamer Industriegebiet "Maasvlakte 2" plant Shell Elektrolyseanlagen mit einer Leistung von 200 MW (energate berichtete), die hauptsächlich mit Offshorestrom aus Hollandse Kust Nord laufen sollen. Noch ambitionierter sind die Pläne unter dem Titel "NortH2" gemeinsam mit dem Gasnetzbetreiber Gasunie.
11.000 MW niederländischer Offshore-Strom
Für den niederländischen Versorger Eneco, der inzwischen in japanischer Hand ist, steht unterdessen die Versorgung der Haushalte im Vordergrund. "Die nachhaltig und lokal erzeugte Energie wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten, jeden Haushalt und jedes Unternehmen in den Niederlanden auf saubere Energie umzustellen", sagte Kees-Jan Rameau, "Chief Strategic Growth Officer" bei Eneco. Aktuell kommen Offshore-Windräder im Nachbarland auf eine Kapazität von 1.000 MW. Bis 2023, so das Zwischenziel, soll die Leistung auf 4.700 MW steigen, bis 2030 sogar auf 11.000 MW. Damit könnten dann 40 Prozent des niederländischen Stromverbrauchs gedeckt werden, so die Regierung. Neben den Vorhaben im Cluster "Hollandse Kust" entstehen bereits weitere Nordsee-Windparks im Ausbaugebiet "Borssele", die Ørsted baut (Lose 1 und 2) und das Konsortium Blauwind (Lose 3 und 3), zu dem ebenfalls Shell und Eneco zählen. Ørsted erhält für seinen Windstrom noch eine Vergütung von 7,27 Cent/kWh (ohne Netzanschluss) über die ersten 15 Jahre der Vertragslaufzeit. Bei Borssele 3 und 4 sind es immerhin noch 5,45 Cent/kWh. Vattenfall verzichtete bei Hollandse Kust Zuid erstmals auf eine finanzielle Absicherung. /mt