Die Vorsitzende des BEÖ, Ute Teufelberger, ist seit 2010 bei der EVN tätig. (Foto: BEO)
Wien (energate) - Die Vorsitzende des Bundesverbands Elektromobilität Österreich (BEÖ), Ute Teufelberger, setzt sich als Vertreterin von elf Energieunternehmen für den Ausbau der E-Mobilität ein. Sie ist seit 2010 beim niederösterreichischen Energieversorger EVN tätig und leitet seit drei Jahren die Abteilung E-Mobilität und Energieeffizienz. Welche Rolle erneuerbare Energien und E-Mobilität spielen, um gestärkt aus der Krise zu gehen, erläuterte sie im energate-Interview.
energate: Frau Teufelberger, kürzlich präsentierte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler den Ausbau der E-Mobilitätsoffensive 2020. Welche Maßnahmen wünschen Sie sich?
Ute Teufelberger: Die Verdreifachung der Bundesförderung für den Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur ist ein starkes Signal zum Gelingen der Mobilitätswende. Der nächste wichtige Schritt ist der zügige Ausbau von privaten Lademöglichkeiten, etwa in Mehrparteienhäusern. Dabei geht es vor allem um rechtliche Vereinfachungen und Rahmenbedingungen. Bisher mussten beim Einbau einer neuen Ladestation in einer privaten Wohnanlage alle Eigentümer zustimmen. Ab Herbst soll diese gesetzliche Vorgabe der Vergangenheit angehören und die nachträgliche Installation von Wallboxen in Mehrparteienhäusern vereinfacht werden. Wir rechnen hier mit einem deutlichen Anstieg der privaten Ladekapazitäten.
energate: Kern des E-Mobilitätspaketes ist eine Erhöhung der Förderung für E-Fahrzeuge und der Ladeinfrastruktur. Käufer eines E-PKW erhalten seit 1. Juli 5.000 Euro Förderung, statt bisher 3.000 Euro. Wird dadurch der Verkauf angekurbelt?
Teufelberger: Das ist ein richtiger Schritt. Der Autopreis ist immer entscheidend für den Umstieg auf klimafreundliche E-Mobilität. Ein E-Auto darf nicht mehr kosten als ein Verbrenner. Deshalb fordert der BEÖ auch eine befristete Befreiung von der Umsatzsteuer - etwa bis 2024 - für E-Fahrzeuge. Das wäre ein geeignetes Mittel, um den oftmals großen Preisunterschied zwischen E-Fahrzeug und Verbrenner auszugleichen.
energate: Welche Rolle wird E-Mobilität auf dem Weg zur Energiewende spielen und welche Hürden gilt es dabei zu überwinden?
Teufelberger: Elektromobilität aus erneuerbarer Energie ist weltweit der Schlüssel für klimafreundliche Mobilität. Wir stehen erst am Beginn eines neuen Zeitalters, in dem wir E-Mobilität ressourcenschonend, effizient und smart denken müssen. Dabei geht es um intelligentes Lademanagement, durchlässige Verkehrssysteme und neue Geschäftsmodelle. Gefordert sind hier nicht nur die klassischen Akteure der Mobilität wie Automobilhersteller, Bahn, Flug und die Anbieter innovativer Dienstleistungen rund um vernetztes Fahren und Bereitstellen intelligenter Ladeinfrastruktur. Um E-Mobilität flächendeckend zu etablieren, bedarf es auch neuer Kooperationen.
energate: Die Coronakrise hat auch in Österreich zunächst zu einem deutlichen Rückgang der E-Mobilität geführt. Die Nutzung des Ladenetzes ist je nach Region um 40 bis 70 Prozent zurückgegangen. Wie entwickelt sich die Lage derzeit?
Teufelberger: Im Zuge des Lockdowns kam es insgesamt zu einem deutlichen Rückgang der Mobilität. Die Menschen blieben zu Hause, arbeiteten im Homeoffice und reduzierten ihre Autofahrten. In dieser Zeit war das Ladenetz des BEÖ uneingeschränkt in Betrieb. Seit Mai steigen die Ladevorgänge wieder kontinuierlich an, je nach Region liegen wir bei etwa 60 bis 80 Prozent der Auslastung. Wir sehen auch, dass seit Mai wieder mehr E-Fahrzeuge neu zugelassen werden. Bis Ende Juli sind knapp 6.000 E-Autos in Österreich hinzugekommen. Das sind 4,3 Prozent aller PKW-Neuzulassungen.
energate: Laut Studien führen alternative Antriebe alleine nicht zu einer ausreichenden Dekarbonisierung des Verkehrssektors. Selbst bei einem ambitionierten Ausbaupfad von E-Mobilität, Wasserstoff und alternativen Kraftstoffen wie Biosprit halten Experten eine Einsparung von höchstens 63 Mio. Tonnen CO2 bis 2030 für möglich. Dies reicht nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. Wie begegnen Sie der Kritik?
Teufelberger: Elektromobilität aus erneuerbaren Energiequellen ist ein wichtiger Baustein für ein modernes und effizientes Verkehrssystem. Es geht dabei aber um mehr, als den Verbrennungsmotor durch einen Elektromotor zu ersetzen. E-Mobilität und andere alternative Antriebsformen müssen Teil einer kombinierten Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und umweltfreundlichen Fahrzeugen im Individualverkehr und im gewerblichen Bereich sein.
energate: Welchen Beitrag kann die nachhaltige Mobilität zur Bewältigung der Coronakrise leisten?
Teufelberger: Als BEÖ sehen wir klimafreundliche Mobilität als einen wichtigen Hebel, um gestärkt aus der Krise zu gehen. Der Ausbau der öffentlichen Verkehrssysteme sowie der Ladeinfrastruktur in Kombination mit einem umweltfreundlichen Individualverkehr bietet damit auch Chancen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum.
Das Interview führte Irene Mayer-Kilani, Wien.
Möchten Sie weitere Meldungen lesen?
- 30 Tage kostenlos
- Zugriff auf mehr als 110.000 Nachrichten, App und Archiv
- Täglicher Newsletter
- Zugriff auf die Inhalte aller Add-Ons
- Endet automatisch
0,00€
Jetzt testen