Berlin/Essen (energate) - Deutschland wird seinen künftigen Wasserstoffbedarf nur über große Importmengen decken können. "Wenn wir hierzulande wie in der Nationalen Wasserstoffstrategie vorgesehen bis 2030 5.000 MW Elektrolyseleistung aufbauen, müssen wir immer noch rund 90 Prozent des dann bestehenden Bedarfs importieren", sagte Andreas Schierenbeck, CEO von Uniper, beim 7. energate-Webtalk. Knackpunkt werden dabei die Transportkosten sein. "Der Transport ist eine teure Angelegenheit", so Schierenbeck. Zwar lasse sich Wasserstoff zum Teil über bestehende Gaspipelines wie Nord Stream 2 transportieren. Für den Bezug aus künftig vermutlich wichtigen Exportländern wie Australien oder Chile sei aber der Schiffstransport unumgänglich. Dazu müsse der Wasserstoff umgewandelt werden, in Ammoniak, Methanol oder synthetische Kraftstoffe. "Hier müssen sich die Standards noch herausbilden", betonte der Uniper-CEO.
EEG-Umlagebefreiung kommt im Herbst
Um die Produktion inländischen Wasserstoffs anzureizen, will die Bundesregierung den für die Elektrolyse genutzten Strom von der EEG-Umlage befreien. "Das wird die Regierung als eine der ersten von insgesamt 38 Maßnahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie voraussichtlich noch in diesem Herbst beschließen", kündigte Stefan Kaufmann (CDU), Innovationsbeauftragter der Bundesregierung für grünen Wasserstoff, im Webtalk an.
Ein grundlegender Hebel für den Markthochlauf von vor allem grünem Wasserstoff sei die CO2-Bepreisung, merkte Jorgo Chatzimarkakis, Generalsekretär des europäischen Wasserstoffverbandes Hydrogen Europe, an. "Der CO2-Preis muss das zentrale Steuerungsinstrument sein", betonte er. Um grünen Wasserstoff wettbewerbsfähig zu machen, müsste dieser aber um ein Vielfaches höher sein als der aktuelle Preis von knapp 30 Euro pro Tonne. Ohne ein deutlich höheres CO2-Preisniveau sieht auch Uniper-CEO Schierenbeck grünen Wasserstoff erst "in 10, 15 oder sogar mehr Jahren" wettbewerbsfähig. Bis dahin müsse Wasserstoff aus Erdgas - egal ob blau oder türkis - eine Brücke bilden.
Industriepolitische Chance wahren
Einig waren sich die drei Diskutanten, dass Deutschland beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft eine zentrale Position einnehmen kann. Heute sei die deutsche Industrie bei der Hydrolyse, bei der PEM-Elektrolyse und bei der Brennstoffzellentechnik marktführend. Um diesen technologischen Vorsprung nicht zu verlieren, müsse der Staat investieren. Dazu gehöre beispielsweise auch, die Stahlindustrie bei der Umstellung ihrer Prozesse auf Wasserstoff zu unterstützen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat entsprechende Maßnahmen jüngst bei einem Besuch bei Thyssenkrupp in Duisburg in Aussicht gestellt (energate berichtete). Dafür wird aber grünes Licht aus Brüssel benötigt. Hydrogen-Europe-Generalsekretär Chatzimarkakis betonte beim energate-Webtalk, dass die Branche dazu im Gespräch mit EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sei. "Wir dürfen bei der Wasserstofftechnologie nicht den Fehler der Solarindustrie wiederholen und das Feld China überlassen", mahnte der frühere FDP-Politiker. /cs