Wien (energate) - Während beim "Alpbach-Forum" die schwierige Akzeptanz für Großprojekte im Fokus stand, sind die grundsätzlichen Zustimmungswerte zu Erneuerbaren und Klimaschutz weiterhin hoch. Das zeigte eine aktuelle Studie, die von der Universität Klagenfurt, der WU Wien, Deloitte Österreich und Wien Energie durchgeführt wurde. In der Umfrage sprachen sich 57 Prozent für eine öko-soziale Steuerreform aus. 60 Prozent der Befragten plädieren für eine Verankerung des Klimaschutzes als Staatsziel in der Bundesverfassung. Die Zustimmung für die erneuerbaren Energien ist bei 76 Prozent der Befragten unverändert hoch. Am beliebtesten sind Solaranlagen, gefolgt von Kleinwasserkraft und Windparks. Die Konsumenten wollen auch selbst einen aktiven Beitrag leisten. Das Interesse an E-Mobilität ist ebenfalls stabil, wie das seit 2015 jährlich erhobene Stimmungsbarometer bestätigt.
Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) verspürt dank der Studie "Rückenwind aus der Bevölkerung für mutige Klimapolitik". Sie kündigte bis zum Jahr 2022 Investitionen in der Höhe von zwei Mrd. Euro für den Klimaschutz an. Die Ministerin fühlt sich in ihrem Kurs bestätigt: "Menschen in Österreich befürworten unseren wirtschaftspolitischen Weg aus der Coronakrise: Rausinvestieren in den Klimaschutz", erklärte sie. Greenpeace- Klimaexperte Adam Pawloff interpretierte die Umfrageergebnisse als einen klaren Arbeitsauftrag an die Bundesregierung. Es seien vor allem ein klimafreundliches Steuersystem sowie CO2-Preise mit einem Öko-Bonus notwendig.
PV-Investitionen am populärsten
Im Rahmen der Studie wird auch jährlich die Investitionsbereitschaft in Bezug auf erneuerbare Energien erhoben. Diese ist bei Photovoltaik stabil hoch: 65 Prozent der Befragten können sich in den nächsten fünf Jahren vorstellen, eine PV-Anlage an ihrem Haus oder Wohngebäude zu installieren. Der Anteil jener hingegen, die sich für die Installation einer erneuerbaren Energietechnologie bei der Wärmeversorgung (Heizung und Warmwasser) in ihrem Haus entschieden haben, ist leicht gesunken. 15 Prozent der Hausbesitzer (2019: 12 %) verzichteten darauf. Das Interesse an Bürgerbeteiligung und Energiegemeinschaften wiederum ist bei 37 Prozent der Befragten stabil hoch wie im Vorjahr. 29 Prozent sehen die Beteiligung an einer Energiegemeinschaft zur Nutzung erneuerbarer Energien positiv.
Konkrete Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung wünschten sich die Befragten auch im Transportbereich. Heuer stimmten bereits 58 Prozent (2019: 50 %) der Einführung einer EU-weiten Kerosinbesteuerung zu. Ein Großteil befürwortete auch die Einführung einer CO2-Grenzsteuer für umweltbelastende Importprodukte. Der Einbaustopp für neue Öl- und Gasheizungen wurde von 26 Prozent (2019: 22 %) der Befragten befürwortet. Der Einführung einer CO2-Steuer in der Höhe von anfänglich 100 Euro pro Tonne, die jährlich ansteigt, stimmten 19 Prozent der Interviewten zu. Im Vorjahr waren es nur 12 Prozent.
Das Interesse an E-Mobilität ist weiterhin hoch und nahezu unverändert im Vergleich zum Herbst 2019. Für 43 Prozent der Befragten kommt theoretisch der Kauf eines Elektroautos in Frage. In der Praxis sind die Verkaufszahlen aber nach wie vor gering: Im ersten Halbjahr 2020 wurden landesweit 4.805 E-Autos neu zugelassen, das waren nur 4,2 Prozent der Neuwagen. "Die seit Juli geltende neue Förderung für Elektroautos hat einen positiven Effekt und kurbelt die Autobranche auf nachhaltige Weise wieder an", sagte Deloitte-Experte Gerhard Marterbauer. "Mehr Förderungen bei E-Mobilität und mehr E-Ladestellen in Garagen sind wichtige erste Schritte“, ergänzte Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl.
Klimabewusstsein in der Krise gestiegen
Wirtschaftliche Konjunkturpakete müssen laut Strebl möglichst nachhaltig sein und im Einklang mit den Klimazielen stehen. "Das Umdenken in der Bevölkerung hat bereits begonnen: Gerade der Konsum nachhaltiger Güter ist während des Lockdowns gestiegen", so seine Einschätzung. Knapp die Hälfte der Befragten sieht in der Klimakrise eine größere Gefahr für die Menschen in den nächsten zehn Jahren. 83 Prozent blicken mit Skepsis auf den positiven Klimaeffekt aufgrund des Lockdowns. Denn ohne langfristig wirksame Investitionen in den Klimaschutz, sei die nächste Umweltkrise vorprogrammiert. "Die Umfrageergebnisse belegen ein gestiegenes Verantwortungsbewusstsein. Die Zahl derer, die im privaten Umfeld Maßnahmen zum Klimaschutz setzen wollen, ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen", resümierte Studienautorin Nina Hampl von der Universität Klagenfurt.
/Irene Mayer-Kilani