Der Fiskalrat hat eine Lücke von "vielen Mio. Tonnen" Kohlendioxid-Äquivalenten pro Jahr ausgemacht. (Foto: Lahmeyer)
Wien (energate) - Österreich drohen wegen der Verfehlung der Klimaziele Kosten in Milliardenhöhe. Selbst wenn man die im nationalen Klima- und Energieplan (NEKP) geplanten Maßnahmen sowie die Rückgänge wegen der Coronakrise einberechnet, bleibe eine Lücke von "vielen Mio. Tonnen" Kohlendioxid-Äquivalenten pro Jahr. Das hat das Büro des Fiskalrats in einer ausführlichen Analyse berechnet, die energate vorliegt. Falls demnach keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen werden, drohen dem Land bis 2030 zusätzliche Kosten zwischen 2,1 Mrd. und 4,2 Mrd. Euro. Diese Zahlen ergeben sich dem Fiskalrat zufolge daraus, dass Österreich zusätzliche Emissionszertifikate zu einem angenommenen Preis zwischen 30 und 60 Euro zukaufen müsste. Die Verfehlung der Klimaziele habe daher nicht nur Auswirkungen auf das Klima, sondern auch auf das Budget, so der Fiskalrat. Der Fiskalrat überwacht in Österreich die Budgetregeln und die Staatsverschuldung.
Das Ziel: von 50 auf 36 Mio. Tonnen
Österreich hat sich verpflichtet, seine Emissionen in den Sektoren außerhalb des Emissionshandelssystems bis 2030 im Vergleich zu 2018 um 28 Prozent zu senken. Unter dem Strich sollen die Emissionen bis 2030 auf 36 Mio. Tonnen sinken. Derzeit stoßen die Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und andere insgesamt 50 Mio. Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente aus, wobei vom Verkehr die mit Abstand größten Abgasmengen kommen. Die Coronakrise schafft hier zwar leicht Abhilfe, allerdings nur vorübergehend. Laut der jüngsten Modellrechnung des Wifo sind bei den Emissionen des heurigen Jahres Rückgänge von sieben Prozent zu erwarten, aber danach wieder ein schneller Anstieg im Zuge der wirtschaftlichen Erholung. Österreich habe seine Klimavorgaben seit drei Jahren verpasst und sei wegen ausbleibender struktureller Änderungen "nach wie vor deutlich vom Erreichen der internationalen Klimaziele entfernt", heißt es in der Analyse des Fiskalrats. Werden demnach die Ziele nicht bis 2030 erreicht, drohe neben den Milliardenkosten auch ein Vertragsverletzungsverfahren durch die EU-Kommission inklusive Strafzahlungen.
Bisherige Maßnahmen reichen nicht - Skepsis beim NEKP
Genau das drohe auch, wenn man die Maßnahmen des Ende 2019 verabschiedeten nationalen Klima- und Energieplans mit einberechne, so das Büro des Fiskalrates weiter. Das Papier sieht für die kommenden Jahre Investitionen von knapp 170 Mio. Euro in den Energiebereich, den Verkehr und das Segment Wärme vor, etwa für die Anhebung des Anteils der Erneuerbaren am gesamten Energieverbrauch auf mehr als 46 Prozent und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. "Inwieweit die im NEKP enthaltenen Ziele erreicht werden können, ist jedoch fraglich", bilanziert die Behörde und zitiert dabei eine Analyse des Branchenverbands Oesterreichs Energie. Um die Stromversorgung vollständig auf Erneuerbare umzustellen, ist demnach der Ausbau der Wasserkraft um bis zu 7 Mrd. kWh und die Windkraft und die Photovoltaik ebenfalls um jeweils 11 Mrd. kWh notwendig. Das ist in Summe mehr als das aktuelle Ausbauziel der Regierung in Höhe von 27 Mrd. kWh. Ob das in der vorgesehenen Zeit gelingt, scheint allerdings fraglich. "Alleine zur Zielerreichung bei Photovoltaik müssten rund 80 Prozent des gesamten theoretischen Potenzials von PV-Anlagen bei Gebäuden realisiert werden", so der Fiskalrat.
Die Institution empfiehlt daher dringend, zusätzliche Schritte in den Bereichen Verkehr, Energie und Wärme zu setzen. "Es sollte auch eine explizite CO2-Bepreisung eingeführt werden", heißt es in der Analyse. Auf europäischer Ebene sei eine Ausweitung des Emissionshandelssystems (ETS) und des Steuersystems zu prüfen.
Grüne kündigen "Ökologisierung von Verkehrsabgaben" an
Von den Grünen, die mit Leonore Gewessler auch die amtierende Umweltministerin stellen, kam in einer ersten Reaktion Zustimmung. "Es ist richtig und wichtig, dass wir die nächsten Schritte der ökosozialen Steuerreform setzen", so Jakob Schwarz, Budgetsprecher und stellvertretender Klubobmann der Grünen. Konkret kündigte Schwarz noch für heuer "die Ökologisierung von Verkehrsabgaben samt Förderlandschaft" an, etwa bei der Normverbrauchsabgabe. Auch ein CO2-Preis sei unumgänglich, so der Politiker. /Peter Martens
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