Berlin (energate) - Australien könnte zu einem Profiteur einer globalen Wasserstoffwirtschaft werden. Das Land verfüge über alle Voraussetzungen, um grünen Wasserstoff in großen Mengen herzustellen, sagte der wissenschaftliche Berater der Regierung in Canberra, Alan Finkel, bei einem Webinar der australischen Botschaft. "Wir haben gute Verhältnisse für Wind- und Solarenergie, viele Flächen und es gibt auch Investoren", betonte Finkel. Bereits in diesem Jahrzehnt ließe sich in Australien Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren. Als Hauptabsatzmarkt hat die australische Regierung dabei Asien im Blick. Unklar sei, inwieweit auch in das weiter entfernte Europa geliefert werden könne, so Finkel.
Australien setzt beim Export auf eine Verflüssigung des produzierten Wasserstoffes und den Transport über Tanker. Ein geringer Anteil an Wasserstoff verdunste dabei zwar, diese Verluste seien aber nicht entscheidend dafür, ob sich etwa der Transport von Australien nach Europa lohne. "Wichtiger ist, ob näher gelegene Länder, etwa in Nordafrika, in den Wasserstoffmarkt einsteigen", betonte Finkel.
Grimm: Massive private Investitionen
Keinen Zweifel gibt es laut den Experten mehr daran, dass Wasserstoff in absehbarer Zeit zu einem in großem Stil global gehandelten Gut wird. "Wir haben ambitionierte Klimaziele in Europa. Die werden wir ohne Wasserstoff nicht erreichen können", betonte Veronika Grimm, Professorin für Volkswirtschaft an der Universität Erlangen und Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung. Es gebe Sektoren, die sich nicht Elektrifizieren ließen. Aus ihrer Sicht sind die potenziellen Transportkosten nicht so hoch, dass sie einen globalen Handel mit Wasserstoff verhindern. Für den Aufbau eines Wasserstoffmarktes reichen ihrer Meinung nach jedoch öffentliche Investitionen, wie sie etwa die EU, aber auch Deutschland vorsehen, nicht aus. "Es braucht massive private Investitionen, dafür muss es Anreize geben."
Die EU-Kommission strebt Partnerschaften mit potenziellen Wasserstoffländern an. Mittlerweile haben bereits sieben Mitgliedsstaaten eigene Strategien entwickelt oder wollen diese in Kürze vorlegen. Wasserstoff spielt nicht zuletzt eine große Rolle in den Wiederaufbauprogrammen der EU-Kommission, um die Folgen der Coronapandemie abzumildern. "So, wie Öl heute in Dollar gehandelt wird, sollte der Euro zur Leitwährung des globalen Wasserstoffhandel werden", betonte Valerie Bouillon-Delporte vom EU-Wasserstoffverband Hyrogen Europe.
Zertifizierungssystem fehlt
Ein wesentliches Element für das Entstehen eines Wasserstoffhandels ist ein entsprechendes Zertifizierungssystem, das über Herkunft und Herstellung informiert. Alan Finkel betonte, die Einteilung in blauen, grünen oder grauen Wasserstoff sei nicht zielführend. Es schlug eine Art Drei-Punkte-System vor. Die soll über den Herstellungsort, die eingesetzte Technologie (beispielsweise Elektrolyse oder Dampfreformierung) und die CO2-Emissionen bei der Produktion informieren. Aktuelle diskutiere die australische Regierung über ein solches System mit Partnerländern wie Deutschland und Südkorea. /kw