Berlin (energate) - Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) setzt auf einen raschen Hochlauf der Wasserstofftechnologie. Den Weg ebnen sollen staatlich geförderte Projekte sowie internationale Partnerschaften, sagte Altmaier auf einer internationalen Wasserstoffkonferenz in Berlin. "Wenn wir das Ziel der Klimaneutralität erreichen und unsere industrielle Basis erhalten wollten, kommen wir an Wasserstoff nicht vorbei", betonte der Minister zum Auftakt der virtuellen Konferenz im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Der Anspruch Deutschlands, aber auch der EU sei es, auf dem Gebiet Nummer Eins in der Welt zu werden. Schon heute verfügten deutsche Firmen über einen Anteil von 20 Prozent am weltweiten Elektrolysemarkt. Hersteller wie Siemens wittern hier ihre Chancen. Der Chef der erst kürzlich an die Börse gegangenen Energiesparte des Unternehmens, Christian Bruch, betonte in Berlin, er hoffe auf ein Momentum. "Dafür brauchen wir Projekte."
Öffentliche Förderung wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Wirtschaftsminister Altmaier setzt auf gemeinsame europäische Vorhaben, sogenannte Projekte von besonderem Interesse (IPCEI), die eine höhere staatliche Förderung erlauben. Er verwies auf das Beispiel der Batterietechnologie. Hier sind in den vergangenen Jahren Großprojekte entstanden, die tausende Arbeitsplätze schaffen sollen - gefördert von Deutschland mit 1 Mrd. Euro. Mit dem IPCEI-Instrument lasse sich beispielsweise die Umstellung eines Hochofens auf Wasserstoff anreizen, gab Altmaier ein Beispiel. Weitere mögliche Instrumente seien Carbon Contracts for Difference (CfDs) oder eine CO2-Grenzsteuer. Die Bundesregierung hat zudem angekündigt, den Strom für die Elektrolyse von der EEG-Umlage zu befreien. Altmaier kündigte an, dazu bis Ende Oktober eine Regelung vorzulegen. Sehr wahrscheinlich wird die Befreiung über eine Ausweitung der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) erfolgen (energate berichtete).
Grenzüberschreitender Handel
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Die Bundesregierung will zudem Partnerschaften mit möglichen Lieferanten von grünem Wasserstoff ausbauen. In der nationalen Wasserstoffstrategie sind dafür 2 Mrd. Euro vorgesehen. Laut dem Wirtschaftsminister sind zwei Projekte auf zwei Kontinenten in einem fortgeschrittenen Status. Für den grenzüberschreitenden Handel mit Wasserstoff sei es wichtig, schnell entsprechende Zertifizierungssysteme aufzubauen. Dies forderte auch die Volkswirtin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm in einem Interview mit energate.
EU-Energiekommissarin Kadri Simson betonte, für den Umbau der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität blieben nur 30 Jahre Zeit. "Das bedeutet, dass wir das Tempo erhöhen müssen." Die EU will die Elektrolysekapazitäten in den kommenden zehn Jahren auf 40.000 MW ausbauen. Dafür sei es notwendig, die Herstellung von Elektrolyseuren zu industrialisieren. Im Übergang setzt die Kommission darauf, die fossile Herstellung von Wasserstoff mit CCS-Technologien zu dekarbonisieren. Für den Transport soll bestehende Erdgasinfrastruktur genutzt werden. Dies sei eine kostengünstige Option, betonte Simson.
Massiver Elektrolyseaufbau
Fatih Birol, Generaldirektor der Internationalen Energieagentur (IEA), zeigte sich trotz der aktuellen Wirtschaftskrise infolge der Coronapandemie optimistisch. Die günstigen Preise für erneuerbare Energien, aktuell niedrige Zinsen sowie die Pläne vieler Regierungen böten gute Voraussetzungen für den Fortgang der Energiewende. Da der Stromsektor nur einen Drittel aller CO2-Emissionen verursache, brauche es Wasserstoff, um Verkehr, Industrie und Gebäude zu dekarbonisieren. Aktuelle Zahlen der IEA zeigen dabei auch die Herausforderung. Demnach ist weltweit ein Aufbau von Elektrolysekapazitäten im Umfang von 2.600.000 MW notwendig, um Klimaneutralität zu erreichen. Aktuell seien weltweit Anlagen im Umfang von 200 MW in Betrieb, so Birol. /kw