Wien (energate) - Nach Ansicht von Vertretern der heimischen Gasindustrie spielt grünes Gas eine zentrale Rolle in der Energiewende. Damit verbunden ist die Forderung, die entsprechenden Regelwerke und Beihilfen auszubauen. Der erste Entwurf des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) klammert das Thema jedoch weitgehend aus (
energate berichtete). Bei der Vorstellung des Entwurfs kündigte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) an, in Kürze ein eigenes, ausführliches Gesetz zum grünen Gas vorlegen zu wollen.
"Biogas und in Zukunft auch Holzgas werden ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg sein. Wir müssen die bestehende Gas-Infrastruktur nutzen, um Haushalte und Unternehmen mit grünem Gas zu beliefern", sagte dazu Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) auf der Agrarlandesräte-Konferenz in Wien. "Greening the gas" sei ein Schlagwort, das im EAG komplett fehle, beklagte Konferenzvorsitzender Josef Schwaiger. "Das ist aber in vielen Bereichen der einzige logische Weg, um aus fossilen Energieträgern auszusteigen", fügte er hinzu.
Studie der Uni Leoben: Beimischung ohne Adaptierungen möglich
Nach kritischen Reaktionen auf das EAG seitens der Fachverbände Gas Wärme (FGW) und KBVÖ hat kürzlich auch die Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) eine Studie zur Rolle von klimaneutralen Gasen präsentiert. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie viel Biogas und Wasserstoff problemlos ins Gasnetz eingespeist werden kann. Ein Team rund um Harald Raupenstrauch, Professor für Thermoprozesstechnik an der Montanuniversität Leoben, kam zu folgenden Ergebnissen: Biogas in Form von Biomethan kann fossiles Erdgas ohne weitere Adaptierungen bei der Brennertechnik zu 100 Prozent ersetzen. Ebenfalls ohne jede Adaptierungen ist eine Beimischung von vier Prozent Wasserstoff möglich. Mit relativ geringen technischen Anpassungen können dem Erdgas zehn Prozent Wasserstoff beigemischt werden.
"Die österreichische Energieversorgung ausschließlich auf Strom auszurichten, wird sich in absehbarer Zukunft nicht ausgehen", sagte Raupenstrauch. Nur mit einer reinen Stromstrategie aus Erneuerbaren werde die Energiewende wegen der fehlenden Verfügbarkeit nicht zu machen sein. Auch sei es wenig sinnvoll, mit Strom aus Erneuerbaren zu heizen. Stattdessen sollte damit Wasserstoff produziert werden. Für den Transport stehe das 44.000 Kilometer lange österreichische Gasnetz zur Verfügung.
"Das Hauptproblem sehe ich darin, dass jede produzierende Branche das gesamte verfügbare Potenzial an grünem Strom für sich beansprucht. Dafür wird in naher Zukunft nicht genügend erneuerbarer Strom zur Verfügung stehen", warnte Raupenstrauch. Außerdem würden viele ausgereifte industrielle Prozesse auf einer Gasversorgung basieren, während eine Umstellung auf Ökostrom prozessbedingt gar nicht möglich oder ineffizient sei.
ÖVGW fordert gleiches Beihilfensystem wie bei Erneuerbaren
Michael Haselauer, Vizepräsident der ÖVGW und Geschäftsführer der Netze Oberösterreich, forderte in dem Zusammenhang im EAG das gleiche Beihilfensystem für grünes Gas, wie es schon seit Jahrzehnten für den Ausbau der Erneuerbaren bestehe. In den nächsten zehn Jahren könnte in Österreich Biomethan im Volumen von 5,0 Mrd. kWh sowie zusätzlich 1,5 Mrd. kWh Wasserstoff jährlich zur Verfügung stehen. Nach Angaben des ÖVGW beträgt der jährliche Verbrauch in Österreich rund 90 Mrd. kWh. Davon gehe ein Teil in Raffinerien, ein Teil in Kraftwerke und ein Teil in die Industrie. Etwa 50 bis 60 Mrd. kWh werden von Endkunden wie Haushalten verbraucht. Aktuell sind in Österreichs Haushalten über eine Million Gasheizungen und über 600.000 Ölheizungen in Betrieb. Letztere auf Gas umzustellen, wäre ebenfalls ein großer Schritt bei der Reduktion der Abgase, so der Fachverband.
/Peter Martens