Potsdam (energate) - Die Menge der globalen CO2-Emissionen ist infolge der Corona-Pandemie um mehr als eine Milliarde Tonnen zurückgegangen - stärker als während der Finanzkrise 2008, der Ölkrise 1979 oder sogar während des Zweiten Weltkriegs. Ein internationales Forscherteam um das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat herausgefunden, dass in den ersten sechs Monaten diesen Jahres 8,8 Prozent weniger Kohlendioxid ausgestoßen wurden als im gleichen Zeitraum 2019. Dies entspricht einem Rückgang von insgesamt 1551 Millionen Tonnen.
Im April, auf dem Höhepunkt der ersten Welle von Corona-Infektionen, seien die Emissionen sogar um 16,9 Prozent zurückgegangen. Leider ist der Effekt den Wissenschaftlern zufolge nur vorübergehend. Mit den Folgen der Pandemie hatte sich auch die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem World Energy Outlook beschäftigt (
energate berichtete).
Größten Reduktionen im Verkehr
Die Studie, veröffentlicht in der neuesten Ausgabe von Nature Communications, zeigt, welche Teile der Weltwirtschaft am stärksten betroffen waren. „Die größte Emissionsreduktion fand im Bereich des Landverkehrs statt“, sagt Daniel Kammen, Vorsitzender der Energy and Resources Group und Professor an der University of California in Berkeley (USA). Vor allem aufgrund des verbreiteten Arbeitens von Zuhause gingen die CO2-Emissionen im Verkehr weltweit um 40 Prozent zurück.
Der Energiesektor habe nur mit einem Rückgang von 22 Prozent und die Industrie mit minus 17 Prozent dazu beigetragen.
Überraschenderweise verzeichnete sogar der Wohnsektor einen kleinen Emissionsrückgang um drei Prozent: "Das lag daran, dass aufgrund eines ungewöhnlich warmen Winters auf der Nordhalbkugel der Heizverbrauch zurückging, obwohl die meisten Menschen während des Lockdowns viel mehr zu Hause waren", sagt Kammen.
Keine Entwarnung in der Klimakrise
Die Forscher ermittelten jedoch auch starke Rebound-Effekte, die Einsparungen vernichten. Die meisten Volkswirtschaften erreichten im Juli 2020, sobald die Sperrmaßnahmen aufgehoben wurden, wieder ihr gewohntes CO2-Niveau. Ausgenommen hiervon sei der Verkehr. Dies deckt sich mit Erkenntnissen der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech), wonach sich das Mobilitätsverhalten verändert habe (
energate berichtete).
Doch selbst wenn die Emissionen auf ihren historisch niedrigen Level verharrten, würde sich dies nur geringfügig auf die langfristige CO2-Konzentration in der Atmosphäre auswirken, schreibend die Klimaforscher. „Worauf wir uns wirklich konzentrieren müssen, ist die Verringerung der CO2-Intensität unserer globalen Wirtschaft“, sagt Co-Autor Hans Joachim Schellnhuber, Gründungsdirektor des PIK. Die einzig effektive Strategie zur Stabilisierung des Klimas könne daher nur eine Transformation des Industrie- und Handelssektors sein. /ck