Wien (energate) - Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wird kein Ermittlungsverfahren gegen OMV-Chef Rainer Seele einleiten. "Es gibt keinen Anfangsverdacht. Daher wird von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen", sagte Oberstaatsanwältin Elisabeth Täubl gegenüber energate. Die WKStA hatte seit Ende September einen sogenannten Anfangsverdacht gegen Seele geprüft, nachdem ihm in einer anonymen Anzeige schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit der Übernahme der Mehrheit am Petrochemieriesen Borealis gemacht wurden.
In der Anzeige, die über das anonyme Meldesystem der WKStA eingegangen war, ging es um Verdacht auf Untreue, Vorteilsannahme und Verletzung der Sorgfaltspflicht. Anlass der Anzeige war der Zukauf von 39 Prozent der Anteile an Borealis, mit dem die OMV ihren Anteil auf 75 Prozent erhöht hat. Dieser Ende Oktober abgeschlossene, 4,1 Mrd. Euro schwere Deal war die größte Übernahme in der Industriegeschichte Österreichs und Auslöser für zahlreiche Umschichtungen bei der OMV. Die Behauptung in der Anzeige: Konzernchef Rainer Seele habe diese Übernahme im Dezember 2019 vereinbart und im März 2020 ohne jegliche Preisanpassungen fixiert, obwohl es am Ölmarkt markante Schwankungen gegeben habe und die Coronakrise den Wert von Borealis gemindert habe. Der OMV sei dadurch ein Schaden von "mindestens einer Milliarde Euro" entstanden, wodurch auch der österreichische Staat als Anteilseigner des Mineralölkonzerns erheblich geschädigt worden sei. (energate berichtete).
"Keine Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht"
Dafür gebe es keine Anhaltspunkte, sagte Oberstaatsanwältin Elisabeth Täubl. Ein Anfangsverdacht wäre die Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, jedoch liege kein Anfangsverdacht vor. Die Überprüfung der Anschuldigungen, die zuvor von der Oberstaatsanwaltschaft Wien und dem Justizministerium genehmigt wurde, habe die Vorwürfe nicht bestätigt. Über dieses Ergebnis der Überprüfungen hatte zuerst die Zeitung "Kurier" berichtet.
Auch Rainer Seele selbst hat bei der Vorstellung der jüngsten Ergebnisse zu den Vorwürfen Stellung genommen und den Zukauf bei der Borealis verteidigt (energate berichtete). Die Transaktion sei "fair und korrekt", und sie mache die OMV zu einem der weltweit zehn größten Hersteller von Ethylen, Propylen und Polyolefin. Dies sei "ein Meilenstein", der die "Wertschöpfungskette der OMV in Richtung höherwertiger chemischer Produkte und Recycling erweitert und den Konzern damit für eine kohlenstoffärmere Zukunft neu positioniert", so Seele. /Peter Martens