München (energate) - Der Wandel zum breit aufgestellten Dienstleister ist für viele Energieversorgungsunternehmen (EVU) eine immense Herausforderung. Für Tado ein Glücksfall: Ein Drittel seines Umsatzes macht das Unternehmen mit EVUs - Tendenz steigend - und ist seit seiner Gründung im Jahr 2011 zum europäischen Marktführer für intelligentes Klimamanagement aufgestiegen.
Ein Grund für diese Entwicklung war laut Geschäftsführer Toon Bouten die früh getroffene Entscheidung, Plattform-Provider werden zu wollen - also keine reine Elektronikmarke, wie er im energate-Interview erläutert. "Dass diese Strategie funktioniert, zeigt sich zum Beispiel in unseren neuesten Partnerschaften mit Eni in Italien und Engie in Frankreich." Die Konzerne sind seit September an Bord (
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36 EVU als Kunden
Und das sind bei Weitem nicht die einzigen Kunden aus der Branche: 36 Energieunternehmen zähle Tado aktuell als Partner - darunter zum Beispiel Eon - und erreiche so 76 Mio. Haushalte. Versorger machen laut Bouten derzeit ein Drittel des Umsatzes aus. Er rechne damit, dass ihr Anteil in den nächsten Jahren auf die Hälfte steigen wird.
Treiber dessen ist nicht zuletzt die Energiewende, die traditionelle Geschäftsmodelle der Versorger angreift. Eine der größten Veränderungen ist daher aus Sicht des Managers die Transformation von reinen Commodity-Anbietern zu Dienstleistern. Dabei setzten sie auch auf Energieeffizienz und Energiemanagement - insbesondere beim Heizen und Kühlen. Ihnen bietet Tado eine Software-as-a-Service-Komplettlösung an. Der Pool überwachter Anlagen komme momentan auf eine Gesamtleistung von rund 4.000 MW, sagt Bouten.
Wichtig sei, "so schnell es geht in so viele Haushalte wie möglich" zu kommen. Gemessen anhand der Verkäufe sei das Unternehmen bereits Marktführer in Europa. Nur unter Handwerkern dominierten noch andere, etwa die Hersteller von Heizungen. Im Endkunden (B2C)-Bereich und bei EVU dagegen sei Tado führend. Kompatibilität sei dabei sehr wichtig. Die mehr als 900 Heizungshersteller in Europa böten mehr als 15.000 verschiedene Systeme an - "all das integrieren wir in unsere Geräte", so Bouten.
Corona verhindert ersten Gewinn
Bei Zahlen, so zum Beispiel zum Umsatz, hält sich das Unternehmen allerdings bedeckt. Fakt ist jedoch, dass es bisher keinen Gewinn erwirtschaftet hat und sich der Verlust zuletzt (2018) auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag belaufen hat. Gleichzeitig konnte Tado im selben Jahr reichlich Wachstumskapital einsammeln, nämlich umgerechnet 43 Mio. Euro, die unter anderem Amazon, Eon und Total Energy Ventures beisteuerten (
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Eigentlich hatte Tado dieses Jahr sein erstes positives Ergebnis erzielen wollen. Doch dann kam die Pandemie. "Ohne Corona wären wir jetzt in der Gewinnzone." Nun verschiebe sich alles um ein Jahr. Für 2020 rechnet Bouten dem zum Trotz mit einer zweistelligen Umsatzsteigerung. "Normalerweise wachsen wir noch schneller", aber aufgrund der Krise hätten einige Händler Ware wieder zurückgegeben.
In Zukunft solle es "weiter in Richtung Elektrifizierung gehen", sagt der Geschäftsführer. Aktuell seien neue Produkte und Services für Wärmepumpen, Klimaanlagen und den Bereich Demand Response in der Entwicklung. An neuen Märkten habe Tado zum Beispiel Australien oder den Mittleren Osten im Blick. Die Wärmewende in Deutschland betrachtet Bouten dagegen nicht ohne Kritik: relativ langsam und bürokratisch im Vergleich zu Ländern wie Italien, so sein Urteil.
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