Berlin (energate) - Der Anteil von erneuerbaren Energien im Verkehr soll bis 2030 auf 28 Prozent steigen. So sieht es eine Einigung der Bundesministerien vor. Bei den Vorgaben geht es um die Umsetzung der EU-Erneuerbarenrichtlinie (RED II). Diese schreibt für den Verkehr einen Erneuerbarenanteil von 14 Prozent bis 2030 vor. Deutschland geht nun deutlich darüber hinaus. Der Referentenentwurf zur Umsetzung, den das Bundesumweltministerium im September vorgelegt hatte, war deutlich weniger ambitioniert (
energate berichtete). In Deutschland wird die Erneuerbarenpflicht über eine Treibhausgasminderungsquote erfüllt, die für Inverkehrbringer von Kraftstoffen gilt. Diese liegt aktuell bei sechs Prozent und wäre mit dem erstem Vorschlag aus dem Umweltressort nur moderat gestiegen. Nun soll sie bis 2030 schrittweise auf 22 Prozent klettern, dies entspricht laut Umweltministerium einem Erneuerbarenanteil von 28 Prozent.
An den Plänen des Umweltministeriums hatte es massive Kritik gegeben: Die Vorgaben seien zu ambitionslos, hieß es aus der Biokraftstoffbranche, aber auch von Industrieverbändern wie dem Autoherstellerverband VDA. Sie warfen Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) vor, einseitig auf Elektromobilität zu setzen und anderen Optionen, wie Wasserstoff oder E-Fuels zu ignorieren (
energate berichtete). Auch die Unionsfraktion im Bundestag forderte Nachbesserungen (
energate berichtete). Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth betonte nun bei der neuen Eckpunkte in Berlin, sein Haus habe zunächst niedrige Vorgaben gemacht, weil die Sorge bestand, den Markt zu überfordern. Inzwischen habe sich aber auch durch die Einigung auf ein neues Klimaziel für 2030 die Situation geändert. "Die neue Vorgabe ist ambitioniert", betonte er.
Kein Palmöl mehr
Nach der nun mit den Bundesministerien ausgehandelten Einigung steigt die THG-Quote bis 2026 zunächst auf zehn Prozent und bis 2030 auf 22 Prozent. Erfüllen lasst sich die Vorgabe durch den Einsatz von Biokraftstoffen, Wasserstoff, E-Fuels sowie Ladestrom für Elektroautos. Mit dem graduellen Anstieg soll Unternehmen Zeit für Investitionen gegeben werden. Das gilt etwa für sogenannten fortschrittlichen Biosprit aus Reststoffen, der bisher laut Umweltministerium kaum verfügbar ist. Die Anteile von herkömmlichem Biodiesel oder Ethanol werden dagegen eingefroren, Palmöl im Kraftstoff ab 2026 komplett verboten.
Der Einsatz von Wasserstoff, etwa in Raffinerieprozessen wird über eine doppelte Anrechnung der Quote zusätzlich angereizt. Ebenso Ladestrom: Hier gilt ein Faktor 3. Betreiber von Ladesäulen können für die abgesetzten Strommengen beim Umweltbundesamt Nachweise erhalten und diese an Mineralölunternehmen verkaufen. Dies soll auch für Stromtankstellen daheim möglich sein. Dadurch soll ein zusätzlicher Anreiz zum Ausbau von Ladesäulen entstehen. Beimischquoten gibt es zudem für Flugbenzin: Der Anteil von strombasierten Kraftstoffen soll hier bis 2030 auf zwei Prozent steigen.
Autobranche erleichtert
Kritik an der Einigung kommt von Biokraftstoffherstellern. Positiv sei zwar, dass die Vorgaben an die Anforderungen des Klimaschutzes angepasst wurden, die Treibhausgasquote steige bis 2026 aber deutlich zu langsam, sagte der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie, Elmar Baumann, zu energate. "Herkömmliche Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse und auch solche aus Abfällen und Reststoffen sind deshalb stark gefährdet, weil sie durch Mehrfachanrechnungen aus der Quote und damit aus dem Markt gedrängt werden."
Der VDA zeigt sich mit der Einigung dagegen zufrieden, die dem Einsatz von synthetischen Kraftstoffen in Verbrennungsmotoren mehr Raum verschafft. "Nicht der Zylindermotor ist das Klimaproblem, es ist der Kraftstoff aus fossilen Quellen", erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Ohne Kraftstoffe auf Basis von Ökostrom ließe sich klimaneutrale Mobilität nicht erreichen. Der überarbeitete Regelungsentwurf des Umweltministeriums wird erst 2021 fertig sein und muss dann noch ins Kabinett. Die RED II müssen die EU-Staaten bis Mitte 2021 in nationales Recht überführen. /kw