Kiel (energate) - Ein aktuelles Gutachten sieht in Schleswig-Holstein großes Potenzial für die Erzeugung, Verteilung und Nutzung von grünem Wasserstoff. Das vom Energiewendeministerium des Landes in Auftrag gegebene Gutachten hat ein Konsortium aus Wissenschaft und Wirtschaft rund um das Beratungshaus Umlaut Energy erstellt. Das Bundesland biete sich insbesondere aufgrund seiner Lage als Wasserstoff-Hub für Deutschland an, heißt es darin. Für Schleswig-Holstein spreche zum einen die hohe Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien, insbesondere aus Windkraft. Aber auch die vorhandene Erdgas-Infrastruktur sowie die Speichermöglichkeiten von Wasserstoff in Salzkavernen spielten eine wichtige Rolle.
Schleswig-Holstein: 1,8 TWh Wasserstoffbedarf im Jahr 2030
Das rund 200 Seiten umfassende Gutachten betrachtet drei Szenarien, eine konservative, eine erwartete (Basisszenario) und eine progressive Entwicklung von H2-Technologien und -Bedarfen in Verbindung mit sich ändernden externen Rahmenbedingungen. Das Basisszenario geht davon aus, dass allein in Schleswig-Holstein im Jahr 2030 die Nachfrage nach CO2-neutralem Wasserstoff bei rund 1,8 Mrd. kWh liegen wird. Hinzu kämen "enorme überregionale Bedarfe", hieß es. Dabei sei die Entwicklung vor allem von der Industrie getrieben, die in ihren Produktionsprozessen fossile Quellen durch grünen Wasserstoff ersetzen wird. Im Verkehrsbereich werde Wasserstoff vor allem im Schwerlastverkehr als Treibstoff zum Einsatz kommen.
1.000 MW Elektrolyseleistung bis 2030 im Norden
Zur Deckung des Wasserstoffbedarfs in Schleswig-Holstein müssen dabei schon im Jahr 2025 etwa 200 und bis 2030 etwa 1.000 MW an Elektrolyseleistung neben der erforderlichen Infrastruktur zur Verteilung aufgebaut sein, heißt es in dem Gutachten weiter. Die Wirtschaftlichkeit der grünen Wasserstoffproduktion hänge dabei stark von den politischen Entscheidungen bezüglich der Entlastung der Produktionskosten und von den Maßnahmen zur Unterstützung des Hochlaufs ab. Gleichwohl stellt das Gutachten fest, dass bei Wegfall der EEG-Umlage die Wasserstoffproduktion am Standort Schleswig-Holstein auch im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig sein kann. "H2-Gestehungskosten im Bereich von 3,4 Euro pro Kilogramm sind möglich", heißt es darin.
Aufgrund des erwarteten großen Wachstums des Bedarfs um den Faktor 3 bis 4 ab 2030 sei es wahrscheinlich, dass auch Schleswig-Holstein langfristig alternative Quellen für die wirtschaftliche Deckung der Wasserstoffnachfrage benötigt. Chancen der lokalen Wertschöpfung ergäben sich langfristig deswegen auch durch den Import, den Transport und die Speicherung von Wasserstoff, insbesondere durch kostengünstige Speicherpotenziale im Untergrund.
Land hatte im Oktober eigene Wasserstoffstrategie vorgestellt
Das Gutachten bestätigt damit auch die Ende Oktober von der Landesregierung beschlossene "Wasserstoffstrategie.SH". "Schleswig-Holstein ist prädestiniert als Hotspot und Drehscheibe für grünen Wasserstoff. Diese Chance wollen und werden wir nun mit vollem Einsatz ergreifen", kommentierte Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) die Ergebnisse des Gutachtens. Um eine Wasserstoffwirtschaft aufzubauen stellt das Land bis 2023 Fördermittel in Höhe von 30 Mio. Euro zur Verfügung (
energate berichtete). Zuletzt hatte sich Schleswig-Holstein bei einer Wasserstoffkonferenz des Erneuerbarenverbandes Watt 2.0
als Produktionsstandort für grünen Wasserstoff in Stellung gebracht (
energate berichtete). Das Gutachten wurde im Auftrag des Energiewendeministeriums von einem Konsortium bestehend aus dem Beratungshaus Umlaut Energy, dem Ingenieurbüro Emcel, der Kanzlei Becker Büttner Held und dem Forschungszentrum Jülich erstellt. /ml