Essen (energate) - 2020 hatte es aus Sicht aller Mobilisten in sich und könnte ein entscheidendes Jahr für die E-Mobilität gewesen sein. Da lohnt ein Blick zurück. Dabei fällt auf: Die Highlights kamen eher zum Schluss. So hat die Große Koalition nach der politischen Hängepartie in den Jahren zuvor 2020 schließlich doch noch das Thema Verkehrswende auf ihrer Agenda nach oben gerückt. Anfang Dezember kündigte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei einem Spitzentreffen mit Vertretern der Energiewirtschaft, der kommunalen Unternehmen und der Automobilindustrie an, in den kommenden Jahren rund 4 Mrd. Euro in den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur zu lenken und zum Beispiel das Verlegen von Netzanschlüssen zu erleichtern (
energate berichtete).
BDEW mahnt: "Impuls darf nicht verpuffen"
Bis 2030 will die Bundesregierung mindestens eine Mio. öffentlich zugängliche Ladepunkte schaffen. Ende des vergangenen Jahres waren es laut BDEW etwas mehr als 33.000 Punkte, wobei gerade in der zweiten Jahreshälfte ein sattes Plus von 19 Prozent zu verzeichnen gewesen ist. Angesichts dessen mahnte die BDEW-Vorsitzende Kerstin Andreae, dieser Impuls dürfe nicht verpuffen, sondern müsse Initialzündung dafür sein, die Elektromobilität in die Breite zu tragen (
energate berichtete).
Dass es dieses Jahr tatsächlich zu einem Hochlauf kommen könnte, dafür sprechen auch die von der Regierung geplanten bundesweit 1.000 Schnellladestandorte. Über das Ausschreibungsdesign will sie dabei "Rosinenpickerei" verhindern, sodass ein flächendeckendes Netz entsteht. "Wir brauchen auch die schlechteren Standorte", betonte Johannes Pallasch, Leiter der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur bei der bundeseigenen NOW. Darüber hinaus soll es - analog zu konventionellen Tankstellen - einheitliche Standards geben, sowohl beim Bezahlen als auch bei der baulichen Ausführung. Belohnt werde nicht das billigste, sondern ein "gutes Konzept" (
energate berichtete).
Allerdings hat der Entwurf des Schnellladegesetzes, das die notwendigen Ausschreibungsbedingungen festlegen soll, im noch jungen Jahr 2021 bereits erste Kritik auf sich gezogen. So moniert etwa der Bundesverband E-Mobilität, dass dieser aktuell zu einseitig den Fokus auf PKW lege und damit beispielsweise schwere Nutzfahrzeuge außen vor lasse (
energate berichtete).
Gute Zeiten für Käufer von Wallboxen und E-Autos
Neben der öffentlichen hat das Jahr 2020 zudem privater Ladeinfrastruktur staatliche Unterstützung beschert, hier von 900 Euro pro Ladepunkt. Dazu kommt das seit Dezember gültige Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz, das unter anderem einen Anspruch auf eine Wallbox garantiert (
energate berichtete). Dabei verzeichneten Hersteller von Ladetechnik bereits früher im Jahr eine stark steigende Nachfrage, so zum Beispiel Chargepoint, wie Managing Director Europa Christopher Burghardt erklärt hatte (
energate berichtete).
Auch die Automobilindustrie und Käufer von E-Autos durften sich freuen. Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Strukturwandels und der Coronapandemie wurde die Kaufprämie im Sommer 2020 erhöht (
energate berichtete). Außerdem wurde sie um vier Jahre verlängert. Dafür und für weitere Maßnahmen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Autogipfel Mitte November 3 Mrd. Euro zugesagt. Insgesamt unterstützt die Bundesregierung die Industrie seit Beginn der Coronapandemie mit 5 Mrd. Euro (
energate berichtete).
Reform des § 14 a Energiewirtschaftsgesetz angelaufen
Darüber hinaus sind im vergangenen Jahr zwei zentrale Hebel angesetzt worden, die den Markt für Ladestrom auf eine neue Stufe hieven könnten: Zum einen ist das die Reform des § 14 a Energiewirtschaftsgesetz, die die Integration flexibler Verbraucher wie E-Autos regeln soll. Kritikern ist der Regierungsentwurf allerdings noch zu statisch und sie sehen die Entstehung neuer Geschäftsmodelle gefährdet (
energate berichtete).
Nicht weniger umstritten ist der Vorstoß einer Öffnung des Ladenetzes für Dritte, unabhängig vom bereits praktizierten Roaming. Aus Sicht der EnBW etwa ist das "mit Blick auf den bereits bestehenden Wettbewerb und für alle offenen Markt der Elektromobilität kontraproduktiv" (
energate berichtete). Die zuständige Bundesnetzagentur hatte in der Debatte indes immer wieder die Freiwilligkeit betont, die sie für die Betreiber von Ladepunkten vorsehe (
energate berichtete).
energate wird diese und all die anderen relevanten Mobilitätsthemen für Sie selbstverständlich auch 2021 weiter verfolgen - beispielsweise wann die europäische Batteriezellproduktion startet (
energate berichtete) oder die ersten Wasserstoff-LKW von Daimler, Volvo und Co. auf die Straße kommen (
energate berichtete). Denn 2021 könnte ein weiteres entscheidendes Jahr für die E-Mobilität werden. /dz
Was das Energiejahr 2020 noch an Highlights zu bieten hatte, lesen Sie im großen energate-Jahresrückblick.