Wien (energate) - Der Umweltausschuss des Parlaments debattierte über das Volksbegehren zum Ausstieg Österreichs aus dem Euratom-Vertrag. Bei der Sitzung am 13. Jänner zeigten sich anwesende Experten und die Regierungsparteien ÖVP und Grüne einig, dass ein Ausstieg Österreichs aus Euratom abzulehnen sei. Die Initiatoren des Volksbegehrens, welches mit 100.482 Unterschriften knapp die Hunderttausender-Hürde für die Behandlung im Nationalrat erreichte, kritisieren unter anderem, dass Österreich ein Land ohne Atomkraftwerk sei, aber als Euratom-Mitglied die europäische Atomgemeinschaft aus Steuergeldern mitfinanziere. Die Gelder sollten daher besser der Forschung in alternative Energiegewinnung oder der Förderung von E-Fahrzeugen und Gebäudedämmung zugutekommen.
Experten sehen kaum Möglichkeiten für den Ausstieg
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Laut dem Europarechtsexperten Walter Obwexer sei ein Ausstieg Österreichs aus Euratom unionsrechtlich derzeit nicht möglich. Mit der Volksabstimmung zum EU-Beitritt habe Österreich auch dem Beitritt zu Euratom zugestimmt. Auch sei eine Änderung des Vertragswerks aufgrund der verschiedenen Interessenslagen in Europa nur schwierig zu erreichen, so David Reinberger von der Wiener Umweltanwaltschaft. Österreich habe aber im Rahmen seiner Mitgliedschaft mit den Stresstests für Kernkraftwerke nach dem Atomunfall in Fukushima bereits Positives bewirkt. Johann Precht von der TU Graz schlug vor, dass sich Österreich an einer Allianz der europäischen Atomgegner innerhalb der Euratom-Mitglieder beteiligt.
Bei einem Ausstieg Österreichs sei die Bildung eines "ungestörten Kerneuropas", welches eine atomfreundliche Politik vorantreibe zu befürchten, sagte Patricia Lorenz von Global 2000. Anstelle eines stillen Abgangs einzelner Mitgliedsländer brauche es eine europaweite Diskussion, welche schlussendlich zur Auflösung des Regelwerks beitragen solle. Markus Beham von der Universität Passau gab zu bedenken, dass bei einem Ausstieg Österreichs aus dem Vertrag die Gefahr einer Desintegration innerhalb Europas bestehe. Zudem sah er dadurch auch die Autonomie und Kohärenz der Unionrechtsordnung an sich gefährdet.
Österreich als Euratom-Reformkraft
Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zeigte sich überzeugt, dass die Stimme Österreichs "im europäischen Konzert" unverzichtbar sei. So habe sich das Land mit seinen europäischen Verbündeten dafür stark gemacht, dass im Klimagesetz Kernkraft keine Rolle zukomme. Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) schloss sich mit Verweis auf Österreichs Klage gegen das britische AKW Hinkley Point (energate berichtete) der Meinung der Ministerin an und bekräftigte, dass es notwendig sei bei Euratom zu bleiben, um Reformen vorantreiben zu können.
Opposition: Zwischen Atom-Ausstieg und Mitgestaltung
Die Abgeordnete Julia Herr (SPÖ) plädierte dafür, Euratom zu einem Atom-Ausstiegsvertrag abzuändern. Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ) vermisste eine österreichische Handschrift in der europäischen Atompolitik und ein klareres Auftreten der Bundesregierung gegen grenznahe AKW wie Krsko. Die Neos forderten, Euratom zu einer Sicherheits- und Forschungsinitiative weiterzuentwickeln. Der Ausschussvorsitzende Lukas Hammer (Grüne) schlussfolgerte, dass zwar keine Mehrheit für einen Euratom-Ausstieg bestehe, es aber Konsens bei der Atompolitik gebe. Die Behandlung des Volksbegehrens wurde einstimmig vertagt und soll im Umweltausschuss zur Wiederaufnahme kommen. /af