Berlin (energate) - Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will eine Anhebung des deutschen Klimaziels auf 60 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990. Das sagte der CDU-Politiker auf dem "Handelsblatt-Energiegipfel". Darüber hinaus hält Altmaier bis 2030 einen Anteil der erneuerbaren Energien von 65 Prozent am Stromverbrauch für machbar. In den nächsten fünf Jahren möchte der Wirtschaftsminister zudem die EEG-Umlage gänzlich abschaffen.
Altmaier schließt sich damit dem Vorschlag der CSU-Landesgruppe an: Auf der Klausurtagung Anfang Januar hatte diese beschlossen, sich auf Grundlage des neuen europäischen Klimaziels für ein ambitioniertes deutsches Ziel von 60 Prozent einzusetzen (
energate berichtete). Zum Vergleich: Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Grünen-Chef Robert Habeck wollen für Deutschland eine Anhebung des Ziels auf mindestens 65 Prozent bis 2030, heute liegt es bei 55 Prozent. Auslöser ist die im Dezember vorgenommene Anhebung des EU-weiten Ziels von 40 auf 55 Prozent, die zu höheren Anstrengungen in den Mitgliedstaten führt (
energate berichtete).
Weiter Unsicherheiten über Strombedarf
Altmaier glaubt zudem, dass bis 2030 ein Erneuerbaren-Anteil von 65 Prozent des Energieverbrauchs erreichbar sei. Union und SPD hatten sich bei der Verabschiedung der Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) Ende 2020 darauf verständigt, über höhere Ausbaupfade für die Erneuerbaren in diesem Frühjahr zu entscheiden. Tags zuvor war Bundesumweltministerin Svenja Schulze in ihrer Rede beim Energiegipfel diesbezüglich konkreter geworden: Der Kohleausstieg, die Ausweitung von Stromanwendungen wie Wärmepumpen und das neue EU-Klimaziel machen aus ihrer Sicht eine Erhöhung des Ausbauziels unumgänglich (
energate berichtete). Sie rechnet mit einen um 100 Mrd. kWh höheren Ökostrombedarf für 2030 als aktuell von der Regierung im EEG vorgesehen.
Der Wirtschaftsminister will sich auf neue Richtwerte für den Ausbaupfad der erneuerbaren Energien hingegen noch nicht festlegen. Noch sei unklar, wie sich der Stromverbrauch entwickeln werde, sagte Altmaier. Es gebe zwar neue Verbraucher wie die Elektromobilität, andererseits aber auch mehr Effizienz. Er wünsche sich bei der Frage eine parteiübergreifende Einigung.
Neues Marktdesign gefordert
Die EEG-Novelle verteidigte er als Weihnachtsgeschenk auf dem Gabentisch der Politik. Diskussionen beispielsweise um die Windenergie-Altanlagen hätten sich in dessen Folge entspannt. Gleichzeitig betonte er die notwendige Entlastung von der EEG-Umlage: "Mein Ziel ist es, dass wir die Erneuerbare-Energien-Umlage in den nächsten fünf Jahren schrittweise absenken und schließlich ganz abschaffen“, sagte der Minister auf der Konferenz. Entlastungen bei der EEG-Umlage sollen aus Einnahmen aus der CO2 -Bepreisung bezahlt werden. Offen ließ Altmaier, ob er nach der Wahl im Herbst weiter als Wirtschaftsminister für das Thema zuständig sein wolle.
Zustimmung bekamt er beim EEG-Ausstieg aus der anschließenden Diskussionsrunde: Kerstin Andreae, Vorsitzende des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), befürwortete ebenso ein neues Marktdesign in der nächsten Legislaturperiode, wie Stefan Dohler, Chef des Regionalversorgers EWE, und Oliver Koch, Geschäftsführer des Speicherherstellers Sonnen. Das EEG habe sich in der Vergangenheit bewährt. Nun gebe es aber Reformbedarf beim Marktdesign, um die Dinge einfacher zu machen, appellierte Dohler. In Bezug auf die Erneuerbaren-Ziele ergänzte Koch, dass es besser zu viel Ausbau bis 2030 geben solle, als zu wenig. "Wir machen nichts falsch, wenn wir die Ausbaupfade anheben - wir können aber viel falsch machen, wenn wir sie nicht anheben", so der Sonnen-Chef.
Auch Altmaier sieht die Notwendigkeit verlässlicher Vorgaben für die Unternehmen. So sei es sinnvoller, von vornherein ambitioniertere Ziele zu setzen, als ständig nachzusteuern. Für die wirtschaftliche Entwicklung ist er trotz der Corona-Pandemie insgesamt zuversichtlich: 2021 werde ein Aufschwungjahr sein, so der Minister. Die Klimaziele für 2020 seien nicht nur wegen der Corona-Pandemie erreicht worden, sondern auch, weil "der Schalter umgelegt wurde". Deutschland habe den "höchsten Anteil an erneuerbarem Strom aller Zeiten" erreicht. Für Politik und Unternehmen sei es wichtig in Sachen Energiewende vorneweg zu marschieren, um nicht überholt zu werden. /ck