Berlin (energate) - Die Bundesregierung setzt bei der Integration von Wärmepumpen und Elektromobilen mit dem Referentenentwurf zum § 14a EnWG auf das Instrument der Spitzenlastglättung. Damit legt sie nach Meinung von Branchenakteuren den Rückwärtsgang bei der Energiewende ein.
Ein Gastkommentar von Marcus Fendt (Geschäftsführer The Mobility House) und Hans Wolf von Koeller (Leiter Energiepolitik, Steag GmbH)
Ende Dezember hat das Bundeswirtschaftsministerium einen Referentenentwurf zur sogenannten Spitzenlastglättung bzw. Neuregelung des § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vorgelegt ("Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz" - SteuVerG). Im Wesentlichen geht es dabei um die Integration neuer, vermeintlich durchgängig "steuerbarer" Stromverbraucher in die Stromverteilernetze. Konkret gemeint sind Elektromobile, Wärmepumpen und dezentrale Batteriespeicher. Letztlich zielt der Entwurf darauf, diesen neuen Verbrauchern bis zu zwei vollen Stunden pro Tag ohne Vorabkommunikation einfach den Saft abdrehen zu können, um eventuell zukünftige Netzengpässe im Verteilnetz zu vermeiden.
Dies kann entweder am Stück oder kumuliert über den ganzen Tag hinweg geschehen. Wer das nicht will, muss laut Gesetzentwurf bei den Netzentgelten künftig tief in die Tasche greifen. Dagegen gibt der Neuentwurf, im Gegensatz zum heutigen Paragraphen, keinen Anreiz für netzdienliches Verhalten der Verbraucher mehr. Die Grundidee des bisherigen § 14a EnWG ist es hingegen, dass es für denjenigen günstiger wird, der sich netzdienlich verhält.
Unstreitig steht das Stromnetz nicht unbegrenzt zur Verfügung und kann nicht unbegrenzt ausgebaut werden. Deshalb muss alle Flexibilität im Stromsystem aktiviert und genutzt werden - bloß wie? Im Kern geht es um die Frage, wer Flexibilität zukünftig bereitstellen soll: Der Netzbetreiber durch mehr oder weniger drastische Eingriffe in Form von Drosselungen oder sogar Abregelungen? Oder aber intelligente, digitale Energiemanagementsysteme, die im Sinne der Kunden agieren und im Engpassfall unter Berücksichtigung von Kundenwünschen und Erfahrungswerten optimieren? Schon aufgrund der Vorgaben des Unbundlings kann die erste Option eigentlich nicht die Antwort sein.
Warum die Bundesregierung mit der Spitzenglättung den Rückwärtsgang bei der Energiewende einlegen würde
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Nach allgemeiner Überzeugung ist ein wesentlicher Gradmesser für das Gelingen der Energiewende, wie schnell sich neue flexibel steuerbare Stromverbraucher wie Elektromobile, Wärmepumpen und Batteriespeicher am Markt durchsetzen. Doch gerade diese neuen Verbraucher werden durch den von der Bundesregierung vorgelegten Referentenentwurf bestraft und ausgebremst. Wobei flexible Steuerung in vielen Ländern bereits gelebte Praxis ist.
Mit Umsetzung des Entwurfs würden also die Kosten für Elektromobilität und Wärmepumpen erhöht und zugleich neue, mentale Hürden für Verbraucher errichtet, die sich mit Gedanken zum Kauf eines Elektroautos oder einer Wärmepumpe tragen. Kein Wunder, dass sich neben vielen innovativen Akteuren der Energiewirtschaft und Automobilherstellern - die den gerade begonnenen Aufschwung der Elektromobilität gefährdet sehen - auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen gegen eine Zwangssteuerung ohne Incentivierung für den Kunden ausspricht.
Wer kauft sich vor dem Hintergrund, dass ein dynamisches und erfahrungsgemäß ständig nachjustierbares Eingriffsrecht des Netzbetreibers besteht, begeistert ein E-Mobil oder eine Wärmepumpe, um sich an einem kalten Winterabend womöglich mit halbleerem Akku und halbkalten Füßen an abgesenkten Netzentgelten zu erfreuen? Rücksicht auf die persönlichen Belange des einzelnen Stromverbrauchers wird - und kann - der Netzbetreiber jedenfalls nicht nehmen. Denn das würde über aktives, personalisiertes Lastmanagement noch brutaler mit den Regeln zur Netzneutralität kollidieren als die Spitzenlastglättung.
Rückkehr zu netzorientierten Monopolwirtschaft
Bilanzierend muss man feststellen: So werden digitale, kundenorientierte Innovationen in Deutschland nicht angeregt. Denn Unternehmen, die schon Flexibilität am Markt anbieten oder zukünftig spezialisiert auf die neuen Stromverbraucher anbieten wollen, kommen nicht zum Zuge, wenn die Not- und Zwangsbewirtschaftung von Netzengpässen mit intelligent gesteuerter Flexibilität im Strommarkt verwechselt wird. Die neue Fassung ist die Rückkehr zu einer netzorientierten Monopolwirtschaft und zum Prinzip des unmündigen Verbrauchers und sollte zwingend verbessert werden. Variable oder zeitlich differenzierte Netznutzungsentgelte wären eine bessere Lösung - für ein sinnvolles Energiemanagement, das über innovative, digitale Lösungen auch besser für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet wäre. Eine Zwangsabschaltung ist es nicht.